Warum es hier (momentan) so still ist

Wo ein Ausblick zu schreiben wäre, habe ich zurzeit vor allem einen Rückblick.

Ich gestehe offen ein, dass mich das Ergebnis der Datierung des Pergamentes überrascht hat, und dass ich ebenso davon überrascht wurde, dass die Tinte »nicht lange« nach der Herstellung des Pergamentes aufgetragen wurde – wobei ich mir gerade in diesem Punkte ein wenig mehr Information wünschte. Aber es ist ja keine zerstörungsfreie Messung, und das »verdammte Manuskript« hat jetzt umso deutlicher belegt, dass es zumindest als Artefakt des späten Mittelalters echt ist und darin auch einen erheblichen Wert allein dadurch hat, dass es nicht in die allgemeinen Vorstellungen von diesem Zeitalter passen will – weder in der angewendeten, noch heute rätselhaften Kryptografie, noch in der seltsamen psychologischen Qualität seiner flüchtigen Illustrationen.

Als ich vor vielen Jahren damit begann, mich ernsthaft mit dem Voynich-Manuskript zu beschäftigen, ging ich zunächst davon aus, dass es echt ist – also keine moderne, aus geschäftlichen Interesse angefertigte Fälschung ist – und dass es alt ist, dass es spätestens im sechzehnten Jahrhundert verfasst wurde. Die in diesem verschlüsselten Dokument liegende Aufgabe einer Entschlüsselung hielt ich in der begeisterten Naivität eines Neulinges für eine leichte, und ich erwartete davon auch keinen besonderen Aufschluss über das Mittelalter, also keinen bemerkenswerten Text, der, erst einmal gelesen, wegen seines Inhaltes dazu führt, dass große historische Erkenntnisse in die Geschichtsbücher aufgenommen werden müssten. Nein, ich erwartete – vor allem wegen der fremdartigen, außerweltlichen Darstellungen – so etwas wie einen »Esoterik-Schinken« des Mittelalters, geschrieben in relativ schwach verschlüsselter Sprache, deren Strukturen noch in den »Wortformen« durch den »Text« hindurchdringen.

Im Laufe der Jahre wurde ich mir – mit zunehmenden Wissen über die Tatsächlichkeit des Manuskriptes – über meine anfänglichen Annahmen immer unsicherer.

Als ein Mensch, der weiß, Computer zu benutzen, stürzte ich mich zunächst in die verfügbaren Transkriptionen, um an ihnen recht gewöhnliche Untersuchungen vorzunehmen. Dabei fand ich heraus, wie seltsam und fremdartig in diesem Manuskript nicht nur die Illustrationen, sondern auch die »Texte« sind. Der auffällig europäische Charakter der Illustrationen passte nicht zu einer »sprachlichen« Struktur, die sich mit keiner in Europa gesprochenen Sprache in Übereinstimmung bringen lässt. Aus dieser Beobachtung heraus musste ich meine ersten Hypothesen, die über die angenehme Eingeschaft der Überprüfbarkeit verfügten, verwerfen und immer mehr durch nur schwierig überprüfbare Hypothesen ersetzen. Ich versank – wie so viele vor mir – in einem schlüpfrigen Sumpf der Spekulation und der zusätzlichen Annahmen. Zusätzliche Daten brachten nicht etwa zusätzliche Klarheit, sondern machten das Rätsel nur größer, unfassbarer, entmutigender. Das scheinbare Alter des Manuskriptes erschien mir im Spiegel des zunehmenden Wissens immer weniger glaubwürdig, und die Möglichkeit einer kunstvollen Fälschung durch einen späteren Betrüger und Geschäftemacher drängte sich immer mehr auf. Auch, wenn ich dies selten explizit erwähnte, lässt sich der gesamte Prozess in diesem Blog verfolgen.

Mit der jetzt endlich vorliegenden, sicheren Datierung des Voynich-Manuskriptes hat dieser Prozess eine weitere Stufe erreicht. Das Manuskript ist wirklich so alt, wie es mir auf dem ersten Blick erschien, und es wirklich so seltsam, wie es dem Betrachter entgegentritt.

Nun, das ist jetzt immerhin eine bekannte Tatsache. Wie jede Tatsache steht sie mit ihrer gebieterischen Existenz vor uns und wir sind damit geplagt, uns einen Reim darauf zu machen.

Und ja, es hätte schlimmer kommen können! Der zweifelsfreie Beleg, dass es sich beim Voynich-Manuskript um eine moderne Fälschung handele, hätte bei mir durchaus eine gewisse Erlösung verursacht, aber er hätte auch bedeutet, dass Jahre der geistigen Auseinandersetzung mit diesem »verdammten Manuskript« nichts als vergeudete Energie gewesen wären. Aber so viel steht zumindest fest: Es hat sich in den ganzen Jahren niemand an einem kunstvollen Schwindel abgearbeitet, das Manuskript ist als authentisches Relikt des Mittelalters ein großes und beachtliches Rätsel, das danach schreit, in irgendeiner (hoffentlich nachvollziehbaren) Weise verstanden und interpretiert zu werden.

Insbesondere erhalten alle bislang erkämpften Ergebnisse in diesem Bemühen ihre Gültigkeit. Einige von ihnen sind so seltsam, dass sie eigentlich auch einen Hinweis auf die wirkliche Natur des Manuskriptes geben müssten:

  • Die Pflanzen in den Illustrationen haben keine biologische Existenz. Die Illustrationen sind möglicherweise ebenfalls auf eine schwer verständliche Weise verschlüsselt oder reine Phantasieprodukte. Angesichts des großen Raumes, den die Illustrationen auf teurem Schreibmaterial einnehmen, kann diese Tatsache nicht bedeutungslos sein, sie ist ein wichtiger Teil des Ganzen.
  • Der »Text« ist hochgradig redundant und transportiert pro EVA-Zeichen weniger als zwei Bit Information. Darüber hinaus ist der »Text« von aufeinanderfolgenden, identischen »Wörtern« geprägt, die so in keiner europäischen Sprache auftreten, während das Schriftsystem seine europäischen Vorbilder nicht verleugnen kann. Es lassen sich auch durch eingehende Betrachtung praktisch keine Wortarten anhand einer Stellung im Wortgefüge identifzieren (oder ich bin doch zumindest gründlich daran gescheitert), wenn man einmal von der artikelhaften »Wortbestandteilen« wie qo oder ot absieht. Die Annahme, dass es sich um eine schwach verschlüsselte, europäische Sprache handelt, fällt bei gründlicher Betrachtung in sich zusammen, und nur die Einführung einer zusätzlichen Hypothese von einer nicht-europäischen, ausgestorbenen oder künstlichen Sprache kann diese Annahme »retten«.
  • Die »Astrologie« (der Tierkreis) im Manuskript ist für das Mittelalter beispiellos. Besonders beachtenswert ist die völlige Indifferenz gegenüber dem Mond, der – nach meinen Informationen – in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Astrologie eine wichtige Rolle spielte.
  • Die Illustrationen im »biologischen Teil« sind für das Mittelalter beispiellos und überdem das Seltsamste, was ich jemals gesehen habe. Die »kosmologischen« Illustrationen können beinahe jedes kosmologische Konzept darstellen, sind also kaum interpretierbar und damit als Verbildlichung eines damit transportierten Konzeptes sinnlos.
  • Es gibt keine deutlichen Anspielungen auf bekannte europäische Kultur, Religion, Esoterik oder Spiritualität des Mittelalters. Die wenigen diesbezüglichen Symbole erwecken durch ihre abweichende Tintenfarbe den Eindruck nachträglicher Hinzufügungen.

Auf diesem Hintergrund behält meine (leider letztlich unüberprüfbare) Hypothese, dass es sich beim Voynich-Manuskript um ein Produkt einer psychologischen Rückkopplung handele, ähnlich wie beim automatischen Schreiben, der Glossolalie oder beim kollektiven ideomotorischen Effekt, der die »Botschaften« auf einem Ouija-Brett hervorbringt, ihre Gültigkeit – und sie würde auch erklären, dass bislang jeder Versuch gescheitert ist, diesem »Texte« seinen Sinn zu entreißen.

Hier sehe ich noch einen Ansatzpunkt für weitere Untersuchungen, insbesondere würde mich ein Vergleich der Zeichenfolge des Voynich-Manuskriptes mit transkribierter Glossolalie eines überzeugten Praktizierenden sehr interessieren. Leider gibt es nicht genügend frei verfügbares und bequem transkribierbares Material, als dass ich einen solchen Vergleich durchführen könnte. (Wer hier mitliest und als Mitglied einer religiösen Gemeinschaft selbst Glossolalie praktiziert und bereit ist, mir einige längere Aufnahmen zur Verfügung zu stellen, melde sich bitte. Ein einfacher Kommentar zu diesem Artikel genügt, die angegebene Mailadresse wird nach außen nicht sichtbar und ich garantiere auf Wunsch auch eine völlig anonyme Behandlung, wenn ich das Ergebnis eines solchen Vergleiches veröffentliche. Ich selbst kann es nicht tun, da sich die Strukturen des Manuskriptes fest in mein Unterbewusstes eingegraben haben. Alle Vergleiche zwischen einer von mir erzeugten Glossolalie und dem Manuskript wären deshalb wertlos.)

Aber ich weiß natürlich auch, dass das nicht die »harten Daten« sind, die von vielen Forschern so gewünscht werden. Indizien dafür, dass jegliche Bemühung fruchtlos sein könnte, gibt es schon genug – allein durch das Scheitern einer großen, kollektiven Geistesanstrengung vieler, zum Teil hochqualifizierter Forscher am Voynich-Manuskript. Für mich ist dieses Zeichen ein Grund mehr, auf die »psychologische Karte« zu setzen, denn solche Untersuchungen wurden bislang eher vernachlässigt, obwohl sie durchaus möglich sind. Wenn der bislang beschrittene Weg sich als Sackgasse erweist, muss ein neuer Weg gesucht werden.

Tags »

Autor:
Datum: Montag, 11. Januar 2010 15:33
Trackback: Trackback-URL Themengebiet: Diverses

Feed zum Beitrag: RSS 2.0 Diesen Artikel kommentieren

23 Kommentare

  1. 1

    >Die Pflanzen in den Illustrationen haben keine biologische Existenz.
    Nun, ganz abstrakt sind sie aber auch nicht, die Voynich-Pflanzen. Manche sind nahezu eindeutig identifizierbar, vielleicht sogar gegen die Absicht des Autors.

    >während das Schriftsystem seine europäischen Vorbilder nicht verleugnen kann.
    Genauso ist es und das wohl aus irgendeinem guten Grunde.

    >Die „Astrologie“ (der Tierkreis) im Manuskript ist für das Mittelalter beispiellos.
    Aber dennoch eindeutig diesem Themenkreis zuzuordnen.

    >Die Illustrationen im »biologischen Teil« sind für das Mittelalter beispiellos
    Auch das nicht völlig. Es gibt ja z.B. ähnliche zeitgenössische Bäderdarstellungen, wo die warzenhaften Voynich-Duschköpfe (z.B. aus F84r) in 180-Grad-Drehung vollkommen gleichartig dargestellt die Berge stilisieren, aus denen das bäderkundliche Heilwasser entspringt.

    >Die »kosmologischen« Illustrationen können beinahe jedes kosmologische Konzept darstellen
    Natürlich, jedes und keines, aber sie sind dennoch abbildungstechnisch und konzeptionell an zeitgenössischen Weltdarstellungen orientiert und damit an deren Vorstellungsgrundlagen (sogar den Pleijaden als Esoterik-Anker?)

    So besticht den Forscher insgesamt die generelle Anlehnung an bekannte Wirklichkeiten und Klischees der damaligen Populärwissenschaft, bis hin zu den gebotenen Kalendersprüchen(?).
    »Die Handlung und die handelnden Personen dieses Manuskripts sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit toten oder lebenden Personen oder Pflanzen des öffentlichen Lebens ist jedoch beabsichtigt und keineswegs zufällig.«
    Darunter ließe sich die gesamte Darstellung der Inhalte, von Nymphe bis Schriftbild, zusammenfassen. Es ist ja jede Menge naiver Nachäffung von – oft schon selbst naiven – Vorlagen zeitgenössisch »ernst« gemeinter Darstellungen zu erkennen. Man könnte fast von Parodie sprechen, wenn es nur möglich wäre, auch den Sinn von Humor nachzuvollziehen, der ein derart aufwändiges Werk rechtfertigen wollte zum Gaudium des Erzeugers. Und hier ist wohl am ehesten nach dem Nukleus einer Lösung zu suchen, man suche das eigentliche »Motiv« für ein solches Kapitalverbrechen an der Lebenszeit zwanghafter Hobbydetektive. Nicht, dass ich das Motiv kennen würde, aber der gleiche – von Herrn Schwerdtfeger ins Treffen geführte – Grund der Verhältnismäßigkeit bei der Ablehnung einer Fälschung gilt für die Ablehnung einer Parodie oder eines Pamphlets. Der Aufwand war vermutlich vergleichbar mit demjenigen von Michael Moore zur (wie auch immer berechtigten) Verunglimpfung eines US-Präsidenten, ohne dessen politische Öffentlichkeitswirksamkeit erhoffen zu dürfen.

    Die zentrale Frage also am Anfang:
    »WARUM?«
    Bei einem Scherz schnell beantwortet, bei einem Lebenswerk-ähnlichen Aufwand nicht mehr so leicht.

  2. 2

    @Torus:

    Die Idee, dass es sich bei dem Voynich-Manuskript um einen Witz handeln könnte, ist ja auch nicht neu. Dagegen spricht einerseits, dass Tinte und Papier damals nicht billig waren, und andererseits, dass die statistischen Eigenschaften der Zeichenverteilungen im Text absolut nicht die gleichen sind, die man entweder bei »zufälligem« menschlichem Geschreibe oder bei einer existierenden natürlichen Sprache erwarten würde. Dass dies vom Autor absichtlich so arrangiert wurde, ist eher unwahrscheinlich, da die Mathematik zur damaligen Zeit noch lange nicht so weit entwickelt war, als dass man Informationsgehalt und Entropie einer Zeichenfolge hätte ermitteln können.

    Dass bestimmte Pflanzen eindeutig oder nahezu eindeutig identifizierbar seien, bestimmte Formen fast genau so aussähen wie bestimmte altertümliche Teleskope und viele weitere Ähnlichkeitsargumente hat es ja auch schon gegeben. Diese werden erfahrungsgemäß entweder widerlegt, oder es gelingt zu zeigen dass die Ähnlichkeit dann doch nicht so signifikant ist wie intuitiv angenommen.

    Dass die »Tierkreiszeichen« des Manuskripts »eindeutig« dem astrologischen Themengebiet zuzuordnen seien, oder dass das Manuskript insgesamt eine Art Scherz sei, das lässt sich schnell sagen, und es ist ja auch ziemlich intuitiv. Aber Herr Schwerdtfeger und all die anderen Voynich-Forscher zeigen meiner Ansicht nach immer wieder sehr schön, dass in den Details über das Manuskript der Teufel steckt, ein ganz gewaltiger Teufel sogar.

    (Übrigens: Was ist der Unterschied zwischen dem Nukleus einer Lösung und derselben Kern?)

  3. 3

    Auch hier möchte ich kurz eingehen auf das Statement »dass die Tinte „nicht lange“ nach der Herstellung des Pergamentes aufgetragen wurde«.

    Dies wurde nicht forensisch festgestellt, sondern nur, dass das Pergament nicht vorher beschrieben war. Die Zeit zwischen Herstellung und Beschriftung hat man gar nicht messen können.

    Allerdings weiss man, dass ›übicherweise‹ Pergament nicht lange aufbewahrt wurde, sondern eher gleich benutzt.

  4. 4

    @Madoc

    >Nicht, dass ich das Motiv kennen würde, aber der gleiche – von Herrn Schwerdtfeger ins Treffen geführte – Grund der Verhältnismäßigkeit bei der Ablehnung einer Fälschung gilt für die Ablehnung einer Parodie oder eines Pamphlets.

    Wie ich hiermit erkennbar sagen wollte, glaube ich ja auch nicht an einen so aufwändigen Scherz. Ich meinte nur, dass das Gesamtbild, das transportiert wird, durchgängig als »mäßig knapp neben der Wirklichkeit« angesiedelt ist und nicht in restloser Absurdität oder Unverständlichkeit. Das ist das Vergleichbare zur Parodie und sollte keine hinreichende Erklärung für eine Behauptung diesbezüglich sein.

    Was ich mit meinem Post sagen wollte, ist, dass die Frage nach dem Entstehungsgrund des VMS unbedingt wesentlich für jedweden Lösungsansatz sein wird müssen und der wohl mit Absicht erzeugte Gesamteindruck dazu richtig interpretiert werden muss.

    Dies ist sicher keine neue Idee, ich wollte es lediglich nochmals betonen. Da die (sicherlich erhebliche) Gesamtdauer der Herstellung große Konsequenz für die gebotene Durchgängigkeit des VMS erfordert hat, muss der vorgeschlagene psychogene Grund schon ein sehr spezieller Geisteszustand sein. Ein – auch wiederholter – Rauschzustand wäre da wohl keine Erklärung, auch krankhafte Manie wäre kaum so stabil in der Selbstausübung. Schon eher eine durch »göttliche Eingebung« empfundene Berufung. Das ist schon wieder schwieriger, wenn man mehr als einen Urheber vermutet. Man muss einfach davon ausgehen, dass die Gesamtwirkung Absicht ist, jedoch welche? Diese Frage, meinte ich, führe zum »Kern« des Pudels (Verzeihung für das unnötige Fremdwort).

  5. 5

    @Torus:

    Danke für diese Erklärung. Ich habe zuvor nicht korrekt verstanden, worauf Sie hinaus wollten. Dass ich dezent über den »Nukleus« gemeckert habe, war bestimmt auch ein kleiner Provokationsversuch meinerseits – ich bitte um Verzeihung.

    Herrn Schwerdtfegers Idee, das Manuskript könnte infolge von Rauschzuständen entstanden sein, stehe ich persönlich (ebenfalls) skeptisch gegenüber. Allerdings eher aus dem Bauch heraus: Wenn ich selbst so denken würde, hätte ich die starke Befürchtung, der Wunsch oder das Vorurteil sei der Vater des Gedankens.

    Insgesamt bin ich sehr beeindruckt von den wunderschönen Gedanken über das »verdammte Manuskript«, die hier zusammengetragen werden und freue mich, mitlesen zu dürfen.

  6. 6

    Ich möchte an dieser Stelle (vielleicht thematisch zum Eintrag unpassend) meine Überzeugung äußern, dass die nachträgliche Einfärbung zur Gänze entweder von einem belletristischen DAU, oder einem mit Absicht desinformierenden Nachbearbeiter, beigefügt wurde. Jegliche Interpretation einer Zeichnung, die deren Farbinformation als Grundlage oder Ergänzung anführt, bewegt sich auf äußerst wackligen Beinen, sofern sie dies vordergründig tut.

  7. 7

    Mit der Ruhe könnte es vielleicht bald vorbei sein, da ich folgenden (o.g.) Artikel fand und ich (hoffentlich) annehmen kann, dass sich in naher Zukunft etwas bewegt.
    Ich formuliere dies extra so vorsichtig, da nach wie vor die Regel gilt: »Nichts genaues weiß man nicht.«
    In diesem Sinne einen angenehmen Sonntag.

  8. 8

    Ich weiß nicht, ob es hier schon mal behandelt wurde, aber kann es nicht auch sein, dass dieses Manuskript von einem Menschen mit psychologischer Erkrankung (z. B. Autist) geschrieben wurde?
    Oder jemand, der geisteskrank war?

    Gerade so ein Autist könnte eine eigene sonst nirgends vorkommende Schriftsprache erfinden. Und die Bilder sind die gestörten Wahrnehmungen eines gestörten Geistes.

    Wie wahrscheinlich ist es, dass dieses Manuskript von einem Insassen einer Anstalt ist oder einem zurückgezogen lebenden Menschen, dessen Erkrankung oder psychischer Defekt nicht erkannt wurde?

    Wenn dann nämlich jemand in seiner eigenen Welt lebt und eine eigene Sprache entwickelt, die keiner Konvention der Erde spricht, dann wird es nahezu unmöglich sein diese kodierte Schrift zu entziffern.

  9. 9

    @J.S.:

    In diesem Falle fände ich es sehr interessant zu erfahren, wo zu dieser alten Zeit eine Anstalt vorhanden war, und wie ein geistig behinderter Mensch das Geld, die Mittel und die Schulung aufgebracht hat, die erforderlich wären, um so ein Manuskript zu Papier und in Umlauf zu bringen.

  10. 10

    @Madoc

    Nein, nicht geistig behindert, psychologische Störung (wie zum Beispiel bei einem Autisten).
    Eine Anstalt macht vielleicht wenig Sinn, aber bist du der Meinung, dass es keine reichen Familien mit Kindern gab, die psychisch krank waren?

    Und ich wollte es nur in den Raum werfen, da ja manche Autisten besondere Gaben entwickeln können (z. B. eine komplette Sprache und Schrift erfinden).

    Und Eltern eines autistischen Kindes würden ein solches Werk sicherlich nicht ernst genommen haben. Und in Umlauf gebracht wurde das Manuskript ja auch nicht.
    Auch heute noch finde ich in der Dachstube Dinge aus meiner Kindheit (Bilder, Geschichten, etc.). Ebenso kann es doch auch bei dem Manuskript der Fall sein. Dass es irgendwann mal von jemanden gefunden und versucht wurde etwas hineinzuinterpretieren.

    Ich bin aber in diesem Themengebiet nicht so nah dran wie Herr Schwerdtfeger. Dieser wird sicherlich diese Art der Urheberschaft ausschließen können.

  11. 11

    @J.S.:

    Mein Wissen über das 15. Jahrhundert ist bei weitem zu bescheiden, um die Frage zu beantworten, wie zur dieser Zeit mit geistig gestörten Menschen verfahren wurde. Das Wort »behindert« habe ich intuitiv benutzt; wie ich grade bei Wikipedia gelesen habe, wird der Autismus als Entwicklungsstörung eingestuft. Ich meinte, dass Autisten oft insofern behindert sind, dass sie kein normales Leben führen können. Aber das ist jetzt wiederum auch nur ein Vorurteil von mir.

    Vielleicht gibt es ja wirklich eine Möglichkeit, Schriftsysteme zu untersuchen, die von psychisch gestörten Menschen entwickelt wurden, und Korrelationen zum Voynich-Manuskript zu finden. Das ist doch im Grunde ähnlich zu Herrn Schwerdtfegers Idee, das Manuskript könnte durch automatisches Schreiben oder ähnliche Methoden entstanden sein.

    Wer weiß, vielleicht hielten die reichen Eltern eines autistischen Kindes im 15. Jahrhundert für übersinnlich inspiriert, was ihr Kind zu Pergament brachte. Vielleicht saßen sie über dem Manuskript und rätselten und sinnierten darüber, was die merkwürdige Schrift wohl bedeuten mag. Vielleicht waren sie genau so ratlos wie wir heute.

  12. 12

    @ Rene Zandbergen

    >Auch hier möchte ich kurz eingehen auf das >Statement „dass die Tinte „nicht lange“ nach >der Herstellung des Pergamentes aufgetragen >wurde“.
    >
    >Dies wurde nicht forensisch festgestellt, >sondern nur, dass das Pergament nicht vorher >beschrieben war. Die Zeit zwischen >Herstellung und Beschriftung hat man gar >nicht messen können.
    >
    >Allerdings weiss man, dass ‚übicherweise‘ >Pergament nicht lange aufbewahrt wurde, >sondern eher gleich benutzt.

    Danke Ihnen, Herr Zandbergen, für dieses wahre Wort. Seit der ORF-Doku sind alle irre geworden. Zuvor sollte keine Theorie Gültigkeit besitzen, wenn sie nicht einwandfrei bewiesene Grundannahmen hatte. Jetzt gilt es überall als ›gesichert‹, dass das Voynich zwischen 1404 und 1438 entstanden ist – nur weil es so im ORF kam. Tatsache ist, das wir auch jetzt KEIN gesichertes Wissen über die Enstehungszeit des VM haben, außer dass es nach 1404 war.
    Mit dem Hinweis, dass »‚üblicherweise‘ Pergament nicht lange aufbewahrt wurde«, werden alle mühsam erarbeiteten Theorien hinweggefegt, während vorher immer nur der felsenfeste Beweis Gewicht hatte. Aber was ist am Voynich schon ›üblich‹? Gar nichts.
    Ist denn ein hochbegabter Irrer in Sonderstellung in einem Heim für Geisterseher im 15. Jahrhundert, versorgt mit frischem Pergament für sehr viel Geld, der hier seine Laute aufmalte – ist das wirklich so viel leichter anzunehmen als der Einwand, dass das Pergament ja auch hundert Jahre im Schrank gelegen haben kann, bevor es dann benutzt wurde – aus welchen Gründen auch immer?

  13. 13

    @Niklas, und allen Mitlesenden.

    Die Datierung des Perkaments ruft für mich allerdings keine Kontroversen hervor. Die meisten Theorien die es so über das Voynich MS gibt stammen von Leuten, die auf diesem Gebiet keine Erfahrung haben, und vielleicht noch nie eine alte Handschrift gesehen haben. Das ist natürlich keine Schande, ich gehöre selbst zu diesen Leuten. Wenn man aber die Meinungen der Experten sieht (die Wenigen die es gibt) passt die Datierung ziemlich ordentlich.

    Ich habe mich in den letzten Monaten etwas mehr in den alten Kräuterbuch Manuskripten vertieft, und vieles dazu gelernt. Von vielen gut recherchieten und vor allem lesbaren Exemplaren weiss man nur in welchem Jahrhundert die geschrieben wurden und in welchem Land. Bei vielen sind die Pflanzen noch schlechter dargestellt als im Voynich MS, und nur identifizierbar weil man andere Exemplare des gleichen Werkes hat. Beim Voynich MS stört hauptsächlich die katastrofal ausgeführte Bemalung mit Farben. Und ja, es könnten nur Phantasiepflanzen sein, aber auch das gibt es noch.

    Für mich ist das Voynich MS inzwischen weniger ›fremd‹ als es vorher war.

    Ob der Autor geistlich nicht ganz normal war? ich könnte es mir vorstellen. Allerdings hat er sich in vielen der gleichen Themen wie Johannes Hartlieb interessiert – ist sogar fast erstaunlich.

    http://www.biologiezentrum.at/pdf_frei_remote/LBB_0012_1_0263-0268.pdf

  14. 14

    Hallo,
    ich bin heute unabhängig von allem hier geschriebenen auf die Idee gekommen, es war eine
    Autistin, die sich ihre eigene Welt schuf. Sie war ganz begeistert von der Idee, dies alles zu beschreiben und konnte wahrscheinlich selbst kein einziges Wort lesen.

  15. 15

    Es ist einfach ein fantastisches Kunstwerk. Der Künstler wollte ein Manuskript schaffen das für sich alleinstehend ein Kunstwerk ist das durch nichts in seiner zeit vergleichbar war.

  16. 16

    Hat schonmal jemand daran Gedacht das der Verfasser ein Autist gewesen sein könnte?Velleicht irgend ein Autistisches Kind das von seinen (reichen) Eltern gut versorgt wurde und so dieses Werk schuf… .?

  17. 17

    Voynich manuscript = manuscript (traktát)Gold Mud). Author = Jan Lazy ( John of Lazy) 1454.

    The manuscript is writen and encrypted in the Czech language.

    Josef Zlatod?j.

  18. 18

    Hat mal jemand diese tchechische Seite übersetzt, ich meine den Inhalt. Ist da was dran???

  19. 19

    The voynich Manuscript is writen and encrypted in the Czech language.
    Author ! AUTHOR , manuscript Czech alchemist 15th century ,John of Lazy ( John Lassnioro).
    Real name manuscript – Gold Mud – .

    Manuscript can not resolve the English language.
    ( I have compiled many pages of the manuscript (150 pages). Manuscript = Alchemy.
    Alchemist John of Lazy ,used when writing Manuscript ink = (ink composition , green vitriol (Fe SO4 – 7 H2O) + and oak balls)

  20. 20

    Zur Glossolalie: finden sich Transkriptionen in:
    Pfister, Oskar: Die psychologische Enträtselung der religiösen Glossolalie und der automatischen Kryptographie, in: Jahrbuch für psychoanalytische und psychopathologische Forschungen. Leipzig/Wien: Deuticke 1911, 3. Bd., 1. Hälfte, S. 427-466

    Dazu nur so viel: als Literaturwissenschaftler und Kunsthistoriker konnte ich nachweisen, dass die Lautgedichte von Hugo Ball (Dada) unmittelbar auf diese Transkriptionen zurückgehen. Glossolalie als unmittelbar eingegebene, erfundene Sprache hängt sicher mit dem zeitlichen Kontext des Äußernden zusammen. Insofern sollte sich das Voynich-Manuskript nur schwer daraufhin untersuchen lassen. Hat sich denn mal ein Hebräisch-Experte des Textes angenommen?

    Eine Deutung der Motivation des Autors finde ich nirgends: hat er vielleicht ein wissenschaftliches Werk vortäuschen MÜSSEN? As Ausgleich für nicht funktionierende Praktiken, Gold herzustellen – eingeschlossen am Herrscherhof? Die Masterialen hätten inb dieser angenommenen Situation bereits vorgelegen. Die Ähnlichkeit zu alchemistischen Schriften ist, was die Annotation, das Schrifdtbild, die Abbildungsgüte etc angeht, nicht von der Hand zu weisen. Es scheint ein »Als ob«-Werk zu sein, in sehr vielen, verschiedenen Hinsichten. Daher würde es auch Probleme geben mit der Vergleichbarkeit zu anderen zeitgenössischen oder früheren alchemistischen Abhandlungen. Ähnlichkeiten könnten nur formaliter erkannt werden, und das sollte machbar sein.

    Bereist auf den ersten Blick auf das Manuskript fällt auf, dass zuerst die Pflanzen bzw. Abbildungen aufs Blatt kamen, die dann vom Text »umrahmt« wurden. Dabei fallen an den zeilenenden immer wieder notwendige Füllselworte auf, die genau so viele Buchstaben enthalten, wie es zur Schliessung der Lücke hin zur Illustration notwendig ist.

    Zu den Redundanzen: auch die haben ein klares Vorbild: magische Texte und Rituale bedienen sich oft vor der manuskript-Zeit (»Abra Kadabra«) ähnlich klingenden Wortfolgen. Sie dienen im Voytich-Manuskript evt. dem Herstellen von Legitimation: seht her, es handelt sich um einen sehr alten, ehrwürdigen Text, etc etc.

    Im gewöhlichen Mittelalter waren wenige Text-Semantiken so zu vestehen, wie sie geschrieben wurden – ich erinnere an den vierfachen Schriftsinn. Seitenweise wrd über den Löwen etc fabuliert, und jede der Eigenschaften – so sewltsam sie auch sein mag – bedeutet auf einer entspr. aussertextlichen >Ebene etwas völlig anderes. Ganz ohne Kryptographie. Normalerweise ist es diese Vorgehensweise, der sich die Alchemie bedient – dort ist es Allegorisierung und Personifikation – allerdings mit bekannten Elementen. Das spielt auch hier im Manuskript eine Rolle – »als ob« Wissen versteckt werden sollte.

    Darstellungskonventionen: nun, nach meiner Menung konnte der Autor schreiben. Auf keinen Fall aber war er ein Illustrator. Trotzdem muss er eine Vielzahl von anderen manuskripten gekannt haben, weil er Ähnliches produziert. Zu erforschen wäre, ob es vergleichbare »schlecht geschriebene«, also nachlässig entworfene Handschriften dieser Länge im MA gab – man kennt die wunderbar schön verfassten und illustrierten Handschriften aus Klöstern, die mit dem hier Gezeigten nichts zu tun haben.

    Sviel meine ersten, evt nicht sehr viel weiterhelfenden Eindrücke bei der kurzen, knappe Beschäftigung mit dem Thema. Geren wede ich demnächst meine Fragen hier nochmal in geordneter Form stellen, auch wenn meine Grundannahme einer »erzwungenen Täuschung« nicht jedem gefällt.

  21. 21

    Wie sieht’s denn aus? Irgendwelche neuen Erkenntnisse?

  22. 22

    Die doofe Fernsehzeitung ist Schuld daran, dass ich mal wieder etwas zu rätseln habe. Ich sehe mich als Querdenker und genauso 8-Eckendenker – daher liebe ich sowas natürlich.

    Da mir der Blog hier auf Anhieb gefiel, werde ich hier meinen Senf dazugeben, zumal ich grad‹ vorher den Bericht »Jeder ist mit Jedem über 6 Ecken verbunden« gesehen habe. Wer weiss, was wer mit meinem Senf anfangen kann:

    1) Es ist echt, keine Fälschung. Es ist viel zu detailliert und aufwändig, greradezu verliebt. Kein Fälscher würde sich die Mühe machen und noch unwahrscheinlicher: Woher die Ideen nehmen?

    2) Die Pflanzenzeichnungen kenne ich… und zwar aus meiner eigenen Kindheit. Ich hatte eine Vorliebe für Fische und Blumen. Auffällig sind die absolut kindlichen Darstellungen von Blättern. Keine Kanäle, das »grüne« blatt um den »Stängel« gezeichnet. Der Stängel mal dick, mal dünn. Dies sieht doch sehr »beobachtet« und laienhaft »gemalt« auf. Sehr phantasievoll aber sicher keine sozusagen »erwachsenen« Zeichnungen die mit zunehmender Zeit immer detaillierter wurden. Auch das Schreiben über die Pflanze hinweg deutet nicht auf wissenschaftliches hin. Die Zeichnung gehört an die Seite, oben, unten, der Text drumrum. Dieses unterbrochene bestärkt meine Kindertheorie.

    2) Fleiss… Das Ding muss unheimlich lange gedauert haben. Jeder, der mit Tinte schreibt kennt das Verwischen. Gerade die Rundtexte. Weiss nicht. So eine Seite dauerte vieleicht nen Tag, ne Woche?

    3) Die Bewegungsabläufe wenn man die Scheiben dreht. Habe ich im Fernsehn gesehen – halte ich für Zufall.

    4) Lauter nackte Frauen, Schwangere… Fällt mir absolut nix zu ein. Sogar Badekappen tragen die.

    5) Tiere haben wir auch. Nen Tieger mit Zahn?

    6) In der Mitte ein Mann… Mal mit Harfe, mal mit Armbrust. Zeitlich kommt’s hin mir der Armbrust.

    7) Die Schrift… Wirkte schon auf Anhieb irgendwie spiegelverkehrt auf mich. Ich gehe mal davon aus, das Kinder zur damaligen Zeit weitaus sauberer geschrieben haben als mein Krakelhandschrift heute.

    Schaut Euch mal aramäische & phönizische Schrift an. Interessante Parallelen finde ich.

    Fazit: Ich habe als Kind auch zu einem bestimmten Thema das mich interessierte Phantasiebücher erstellt und ich denke ich bin nicht alleine. Da die Frauen alle einen Busen haben und auch sehr weiblich dargestellt sind, tippe ich auch ein aufgewecktes Mädel, überdurchschnittlich begabt und durch Lebensumstände geleigweilt. Vielleicht reiche Eltern – daher auch das teure Material Pergament und teure Farben.

    Vielleicht hat das Kind oder der kindliche Jugendliche/Erwachsene kontakt zum arabischen Raum gehabt. Ein Diener, fremde Bücher.

    Naja, jetzt könnt Ihr alle Spekulationen auseinenadnehmen. Ich schau‹ sicher wieder vorbei. 😉

  23. 23

    Durch Zufall habe ich mir endlich mal Stenographie angeschaut. Schin interessant die Parallelen – zumindest finde ich das:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Stenografie

    Wandrers Nachtlied schon gefährlich nah was den Gesamteindruck angeht. Darunter das Wörterbuch liefert für mich die Erklärung, warum viele Wiederholungen und gleiche Zeichenfolgen im Manuskript auftauchen.

Kommentar abgeben