Beiträge vom September, 2007

Die ungelösten Rätsel der Wissenschaften

Donnerstag, 27. September 2007 19:29

Ein hochtrabenderer Titel für eine simple Mitteilung in diesem Blog scheint mir kaum denkbar. Aber ich musste diese Steilvorlage einfach verwandeln.

Der Westdeutsche Rundfunk wird am Sonntag, den 18. November 2007 zwischen 7:30 und 8:00 Uhr und noch einmal am Abend wiederholt zwischen 22:05 und 22:35 Uhr im Rundfunkprogramm WDR 5 die vierte Folge seiner Serie »Die ungelösten Rätsel der Wissenschaften« ausstrahlen. Das Thema dieser Folge lautet »Fall 4: Das Voynich-Manuskript, Aktenzeichen MS 408 ungelöst« – und das ist natürlich der eigentliche Grund für meine Mitteilung im Voynich-Blog.

Ich habe hier auch nur eine Presseerklärung vorliegen und schließe daraus, dass es sich eher um eine einführende Sendung handeln wird. Aber vielleicht ist sie ja für viele Menschen leichter aufzufassen als der doch etwas voluminöse Einführungstext in diesem Blog… 😉

Also: Ruhig einmal ein Ohr riskieren, wenn man schon im Einzugsgebiet des WDR lebt!

Fröhliche Grüße an Sven Preger

Thema: Kommunikation | Kommentare (0) | Autor:

Download der Bilder

Freitag, 21. September 2007 16:09

Ich würde jedem Menschen, der sich für das Voynich-Manuskript zu interessieren beginnt die gleiche Empfehlung geben: Noch bevor man sich technisch damit beschäftigt, noch bevor man Transkriptionen auseinander nimmt, sollte man dieses Manuskript optisch auf sich wirken lassen, sollte man es sich anschauen.

Wer nicht gerade seinen Urlaub im kühlen Yale verbringt, ist dabei auf Bilder angewiesen. Zum Glück stellt die Beinecke-Bibliothek ausgezeichnetetes Bildmaterial im Internet zur Verfügung, aber es ist dort vorsätzlich schwierig gemacht worden, diese Bilder herunterzuladen. Wer sich für persönliche Analysen (zum Beispiel mit einer Software zur Bildbearbeitung) eine lokale Kopie dieses Materiales beschaffen will, kann dies nur über leidige Handarbeit tun, indem er die Bilder jeweils einzeln anzeigen lässt und auf seiner Platte speichert. Das ist ausgesprochen unbefriedigend, es handelt sich um eine Arbeit, die eigentlich der Computer tun sollte.

Deshalb habe ich mir die Mühe gemacht, einmal sämtliche URLs der Bilder mit einem kleinen Programm zu extrahieren, damit dieses Bildmaterial mit Hilfe eines Download-Managers heruntergeladen werden kann. Das Ergebnis dieser Mühen stelle ich hier zum freien Download.

Download-Link: Listen der Internet-Adressen aller Bilder des Voynich-Manuskriptes auf dem Server der Beinecke-Bibliothek

In dem Archiv befinden sich drei Dateien, mit denen man jeweils eine andere Aufbereitung des Bildmateriales erhalten kann.

  1. small.txt
    Dies sind relativ kleine Grafiken, die zwar einen groben optischen Eindruck des Erscheinungsbildes geben, aber nicht für richtige Analysen geeignet sind. Der Download ist relativ schnell, da die Einzelbilder eine Größe von jeweils ca. 60 KB haben.
  2. large.txt
    Dies sind größere Grafiken, die schon einen zutreffenden Eindruck vom Aussehen des Manuskriptes geben. Für erste Analysen können diese Bilder völlig ausreichend sein.
  3. hires.txt
    Dies sind die hochauflösenden Grafiken im MrSid-Format. Diese Bilder sind von einer unglaublich guten Qualität, es lässt sich jede einzelne Pore im Pergament erkennen. Wer sich ernsthaft davon überzeugen möchte, dass das Manuskript mehrfach restauriert wurde oder wer stark verblichene Details mit Hilfe einer Bildbearbeitung sichtbar machen möchte, hat eigentlich keine andere Wahl als diesen Download.

Zur Verwendung

Die meisten Download-Manager bieten die Möglichkeit, eine Liste von URLs anzugeben – wie dies im Einzelnen geschieht, ist leider von Programm zu Programm verschieden. Ich benutze GNU Wget für solche Aufgaben. Wenn ich etwa die Bilder aus der Datei large.txt herunterladen und im Verzeichnis large ablegen will, benötige ich dafür nur den folgenden, recht übersichtlichen Aufruf:

wget -i large.txt -P large

Alles weitere geschieht von allein, während ich mich anderen Aufgaben zuwenden kann. So sollen Computer sein! (Leider sind sie nicht immer so.)

Wichtiger Hinweis

Bei den Bildern handelt es sich natürlich um urheberrechtlich geschütztes Material. Das ist auch der Grund, weshalb die Beinecke-Bibliothek den Download künstlich erschwert hat. Ich bitte darum, dass dieses Material nur zu persönlichen Zwecken und für gewisse Analysen, aber niemals für eine Zweitveröffentlichung im Internet verwendet wird. So etwas wäre einfach ein unfreundlicher, antisozialer Zug gegenüber einer Institution, die uns allen solches Material zur Verfügung gestellt hat.

Thema: Hilfsmittel | Kommentare (1) | Autor:

f1v: Eine Tollkirsche?

Samstag, 15. September 2007 1:24

Miniaturbild der Seite f1vDie Seite f1v ist – obwohl sie als Rückseite der einst ungeschützten Seite f1r ebenfalls sehr strapaziert wurde – relativ gut erhalten. Der »Text« ist mühelos erkennbar und in Glyphen zerlegbar, auch die gezeichnete »Pflanze« ist in ihrer Gestalt gut zu erkennen. Es handelt sich um eine Seite des »pflanzenkundlichen« Teils des Voynich-Manuskriptes. Fast schon scheint die Erhaltung der Seite etwas besser zu sein, als man es angesichts des Zustandes der Rückseite für möglich halten möchte, und in der Tat zeigen sich in den hochauflösenden Bildern Andeutungen früherer Restaurationen. An Hand des Bildmateriales kann jedoch kein sicheres Urteil über solche frühen Versuche der Restauration der Seite f1v gefällt werden.

Schon auf dieser, der zweiten Seite, fällt zum ersten Mal auf, dass mit der unlesbaren Schrift die Rätsel dieses Manuskriptes noch lange nicht erschöpft sind. Es handelt sich um eine typische »pflanzenkundliche« Seite, wie sie in ähnlicher Form auch in gewöhnlichen und gut verständlichen pflanzenkundlichen Schriften des späten Mittelalters auftauchen könnte: Eine groß gezeichnete »Pflanze« nimmt den größten Teil der Seite ein, dazu gesellt sich ein meist kurzer »Text« zur »Pflanze«, häufig sogar nur in einem einzigen Absatz. (Auf dieser Seite, f1v, sind es übrigens zwei deutlich voneinander getrennte Absätze.) Dies ist die häufigste Seitengestaltung im Manuskript, die meisten Seiten sind »pflanzenkundlich«.

Da dies die erste »pflanzenkundliche« Seite ist, die hier ausführlich als Einzelseite gewürdigt wird, seien hier auch einige eher allgemeine Worte zur Klasse dieser Seiten geschrieben. Zunächst sind die Zeichnungen der Pflanzen oft flüchtig, die Kolorierung dieser Zeichnungen kann grob und beinahe schäbig sein. Aber gerade in der schwunghaften Flüchtigkeit der Zeichnungen zeigt sich, dass der unbekannte Autor recht gut darin geübt gewesen sein muss, mit einer Gänsefeder auf Pergament zu zeichnen und auch Details zutreffend wiederzugeben. Er wird gewiss imstande gewesen sein, eine Pflanze so zu zeichnen, dass sie wenigstens für Spezialisten wiedererkennbar ist.

Wenn es einen Zusammenhang zwischen der Botschaft des »Textes« und den abgebildeten »Pfanzen« gibt, wäre es für das Verständnis des »Textes« hilfreich, wenn man die »Pflanzen« auch identifizieren könnte. Dies ist aber leider in den meisten Fällen nicht möglich, ja, es scheint bei einigen »Pflanzen« eine eher abwegige Vorstellung zu sein, dass sie Abbilder biologischer Erscheinungen der Erde sind. Daher sind die Zeichnungen im »pflanzenkundlichen« Teil keine Hilfe beim Verständnis der Botschaft, sondern selbst etwas der Deutung bedürftiges. Sie bestehen nicht aus Blättern, Stängeln, Blüten (ungewöhnlich häufig sind übrigens Korbblüten) und Wurzeln, sondern aus einem eher psychischen Material – wenn sie nicht gar eine andere, bislang kaum beachtete Form der Kryptografie sind. Sie sind in jedem Fall Kunstprodukte und damit auch eine Kunst – und zwar eine Kunstform, die auch für die beginnende Neuzeit ungewöhnlich ist, im Mittelalter jedoch als einzigartig zu betrachten wäre. Allein die »pflanzlichen« Illustrationen machen das Voynich-Manuskript zu einer Sensation, was immer auch das Urteil über den »Text« sein wird.

Blüte f1vAuf dieser Seite f1v wirkt die Pflanze auf dem ersten Blick völlig vertraut. Jeder, der schon einmal eine hübsch und durchaus lecker anzuschauende Tollkirsche (atropa belladonna) gesehen hat, meint hier die stark stilisierte Zeichnung einer solchen zu erkennen. Es sind vor allem der Blattstand, die ganzrandige, ungeteilte Form der Laubblätter und die Form der Frucht, die diesen Eindruck so unwiderstehlich machen. Auch die Verzweigung gibt die Wuchsform einer etwa 1,50 Meter hohen Pflanze vereinfacht, aber doch zutreffend wieder. Da die Frucht zu alledem noch passend mit der normalen Tintenfarbe ausgefüllt ist und deshalb im Kontext der Kolorierung schwarz erscheint, muss man geradezu an eine Schwarze Tollkirsche denken.

Frucht der TollkirscheIn gewisser Weise erfüllt diese Deutung ja auch die ersten Erwartungen an das Manuskript. In einem aufwändig verschlüsselten Buch würden ja gewiss keine Zierpflanzen behandelt, die jeder Mensch aus seiner Alltagserfahrung kennt. Es sind eher solche Pflanzen zu erwarten, die ein gesellschaftlich und religiös verpöntes oder gar verbotenes spirituelles Erleben zur Folge haben. Es handelt sich bei dem in allen Pflanzenteilen der Tollkirsche enthaltenen Hyoscyamin um ein ausgesprochen starkes Halluzinogen, das bedrückende, angstvolle, finstere und melancholische Trips auslöst. Das ist auch der tiefere Grund dafür, dass diese Pflanze nicht in ähnlicher Weise gesetzlich verboten ist wie der bei vielen Menschen so beliebte indische Hanf. Der von einer Tollkirsche ausgelöste Trip ist eine Erfahrung, die ein Mensch in aller Regel nicht wiederholen möchte. Dass dieses Mittel nicht als »Partydroge« für die heutige Zeit geeignet ist, sagt allerdings nichts über die Eignung der gleichen Droge für gewisse mystische oder spirituelle Erfahrungen in religiösen Gemeinschaften fernab des gesellschaftlichen und religiösen Mainstreams.

Da Tollkirschen hochgiftig sind und deshalb eine geringe therapeutische Breite haben, sind unbedarfte Experimente mit dieser Pflanze lebensgefährlich. Die Kenntnis um die sichere Verwendung dieser Pflanze ist also gut als ein Geheimwissen geeignet, das nur verschlüsselt notiert und nur an Eingeweihte weitergegeben wird. Einige der später auftauchenden »biologischen« und »kosmologischen« Themen erklärten sich in diesem Zusammenhang übrigens recht zwanglos als sprituelle Deutungen von Drogenerfahrungen, sie wirken auf diesem Hintergrund in ihrer Fremdartigkeit gar nicht mehr so rätselhaft.

So entsteht beim Betrachter der ersten »pflanzenkundlichen« Seite des Manuskriptes der Eindruck, dass hier gewisse Kenntnisse über Arznei- und Rauschpflanzen überliefert werden. Dieser Eindruck führt zu einer Erwartung, die den Inhalt des »Textes« betrifft. Der »Text« sollte Angaben zu Fundorten, Erntezeiten, verwendbaren Teilen, Zubereitungsformen und Anwendung der Pflanzen enthalten; diese müssten sich leicht finden lassen, da sie in gewissen, für jede Pflanze in ähnlicher Form wiederkehrenden Phrasen auftreten sollten. Diese Phrasen könnten wichtige Hinweise für die Entschlüsselung des »Textes« sein. Bei Rauschpflanzen sollte es darüber hinaus Hinweise auf die Wirkung, günstige Bedingungen für die Verwendung und mögliche Gefahren geben; bei Arzneipflanzen erwartete man Hinweise auf behandelbare Krankheiten. Auch diese Beschreibungen sollten zu einem hohen Anteil fast identischer Aussageformen führen.

Nach genau solchen Phrasen haben allerdings schon etliche Forscher Ausschau gehalten, und niemand hat sie gefunden. Jeder kann sich an Hand der Transkription seiner Wahl selbst daran versuchen und bestätigen, dass sich so etwas nicht finden lässt. So einfach macht es uns das Manuskript nicht, sonst könnten wir es längst lesen…

Nach dieser Ernüchterung stellt sich natürlich auch die Frage, wie sicher die so schnell, vielleicht vorschnell gegebene Identifikation der »Tollkirsche auf Seite f1v« wirklich ist. Der zweite Blick auf die Zeichnung zeigt denn auch vieles, was der Deutung des ersten Blicks widerspricht:

Alternierende Blattfarben im Voynich-ManuskriptZunächst eine Besonderheit des Manuskriptes, die sich noch auf vielen anderen Seiten des »pflanzenkundlichen« Teiles und ebenso im »pharmazeutischen« Teil zeigen wird. Die »Pflanzen« tragen häufig zwei verschiedene Arten von Blättern. Diese verschiedenen Blätter unterscheiden sich (meistens) nicht in ihrer Form, sondern nur in ihrer Farbe. Pflanzen mit zwei verschiedenen Arten von Blättern sind in der Natur durchaus keine Seltenheit, an jeder Linde kann man unterschiedliche Blätter sehen, die sich in Größe und Dicke klar unterscheiden; nämlich solche, die direkter Sonnenbestrahlung ausgesetzt sind und solche, die im Schatten der äußeren Blätter liegen. Deutlich unterscheidbare Blattfärbungen sind hingegen in Europa ein seltener Anblick; und dass irgendeiner Pflanze Blätter in zwei klar unterscheidbaren Farben in alterniernder Folge am Stängel wüchsen, wäre eine der irdischen Botanik gänzlich unbekannte Gestaltung. Dennoch ist das Manuskript voll mit solchen »Pflanzen«.

Der Stängel der Pflanzen ist in der Regel weißWas ebenfalls verwundert, ist die Tatsache, dass der Stängel oft nicht farbig ausgemalt ist, obwohl dem Autor (oder seinem Mitarbeiter, der die Kolorierung durchgeführt hat) eine grüne Farbe zur Verfügung stand. So entsteht der Eindruck von weißen Pflanzenstängeln, die in einem eigentümlichen Kontrast zur Farbigkeit der Blätter und Blüten stehen. An solchen, wohl absichtsvoll gezeichneten Details wird klar, dass es sich hier wohl nicht um die Darstellung irdischer Pflanzen handeln soll, die Ähnlichkeiten zu manchem vertrauten Anblick sollten also nicht überbewertet werden.

Auf diesem Hintergrund ist die Deutung der »Pflanze« als Schwarze Tollkirsche wieder sehr fraglich geworden. Der Zeichner hatte gewiss eine Tollkirsche im Sinn, als er diese Skizze anfertigte; aber gezeichnet hat er etwas sehr anderes, etwas, das wir überdem nicht gut verstehen können. Da überrascht es auch nicht mehr, dass diese »Pflanzen« keine Hilfe beim Verständnis des Textes sind; sie müssen selbst zunächst verstanden werden.

Die Wurzel ist ein großer Ballen mit verschiedenen AuswüchsenDazu passt es, dass viele Gestaltmerkmale eine nur oberflächliche Ähnlichkeit mit wirklichen Pflanzen haben und wirken, als seien sie wirr kombiniert. Dies gilt auch für die scheinbare »Schwarze Tollkirsche« auf Seite f1v. Diese »Pflanze« ist vollständig gezeichnet, auch das Wurzelsystem kann also betrachtet werden. Die Wurzel hat aber eine sehr ungewöhnliche Form. Sie hat keine Verzweigungen, sondern bildet wenige grobe und unförmige Ballen, die als behaarte Objekte gezeichnet wurden. Allein diese deutlich skizzierte, sehr regelmäßige Behaarung dieser Wurzel macht es unmöglich, die klumpige Form als anhängende Erdballen zu deuten. Nein, in der Darstellung dieser »Pflanze« sind dicke, fleischige Wurzeln beabsichtigt. Auf diese gar nicht dazu passen wollende Wurzel wurde ein oberirdisch »wachsender« Teil aufgesetzt, der große Ähnlichkeiten zu einer Tollkirsche aufweist. Auf ähnliche Weise scheinen viele »Pflanzen« durch eine Kombination von Elementen entstanden zu sein, über deren Bedeutung wir noch keine Klarheit haben.

Eines scheint nach ausgiebiger Betrachtung aller »Pflanzen« klar zu sein: Keine dieser »Pflanzen« ist jemals auf der Erde gewachsen. Es handelt sich nicht um biologische Entitäten, sondern entweder um psychologische Erscheinungen oder um eine Form der Kryptografie, die noch gar nicht ausreichend gewürdigt wurde.

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f1r: Die erste Seite

Freitag, 14. September 2007 2:19

Die erste Seite des Manuskriptes (f1r) verrät dem unbedarften »Leser« noch nicht, welche Überraschungen in diesem Buch noch auf ihn warten. Sie zeigt keine »außerirdischen« Pflanzen und keine unverständlichen Illustrationen in einzigartiger Formensprache, sondern nur unverständlichen Text. Sie verrät aber eine Tatsache recht deutlich: Das Manuskript hatte für längere Zeit nicht den heutigen Einband, die erste und die letzte Seite sind dementsprrechend stark »mitgenommen«. Auf der ersten Seite, die einst eine Umschlagsseite war, ist das Pergament dünn und löcherig, die Tinte beschädigt, die Glyphen sind teilweise nur noch mit Mühe zu erkennen. Nur wenige andere Seiten machen bei der Transkription so viel Mühe, diese finden sich vor allem im »astrologischen Teil«.

Auf der ersten Seite gibt es nur »Text«. Ein »Text«, der nicht lesbar ist, aber dennoch durch seine Struktur den Eindruck vermittelt, dass er eine Botschaft beinhaltet. Diesen »Text« findet man im gesamten Manuskript, und er ist nirgends verständlich.

Dennoch gibt es etwas über die erste Seite in diesem »Buch mit sieben Siegeln« zu sagen. Etwas, was über die Aufzählung der bekannten Fakten hinausgeht, etwa über die Angabe, dass es dort vier durch größeren Zwischenraum getrennte Absätze gibt, die jeweils durch ein abgesetztes, rechtsbündiges »Wort«, einen so genannten »Titel« beendet werden.

Denn die erste Seite enthält Spuren früheren Scheiterns beim Versuch, dem Manuskript seine Botschaft zu entreißen. Am rechten Rand der Seite befindet sich eine verblichene Notiz in lateinischen Buchstaben, die heute nur noch unvollständig zu lesen ist. Es ist gut möglich, dass der Autor dieser Notiz noch selbst versucht hat, die Spuren seines Scheiterns vom Pergament zu kratzen, es kann aber auch der Zahn der Zeit gewesen sein, der diese Spur früherer, erfolgloser Geistestätigkeit verwischt hat.

Es handelt sich um drei Spalten mit Buchstaben, denen jeweils Glyphen des Manuskriptes gegenüber gestellt wurden. Schon bei einem ganz frühen Versuch der Entzifferung hat offenbar ein uns unbekannter Forscher angenommen, dass hier eine relativ einfache, für das Mittelalter zu erwartende Ersetzung von Buchstaben durch andere Zeichen vorliegt, eventuell durch Nullzeichen und Abkürzungen ergänzt. Der Versuch, hier eine Zuordnung zu machen – für einen Kryptologen selbst der frühen Neuzeit eigentlich ein Kinderspiel, da nur Zeichenhäufigkeiten ermittelt werden müssen – ist aber gründlich gescheitert.

Wir wissen heute ganz genau, dass es sich um eine Sackgasse gehandelt hat. Die Botschaft des Manuskriptes ist kein einfacher Code. Dass wir von dieser Sackgasse wissen, heißt aber leider nicht, dass wir es besser könnten. Wenigstens schreibt heute niemand mehr seine Notizen zu seinen Annahmen direkt in das Manuskript hinein, sonst wäre die ursprüngliche Glyphenfolge längst von den Spuren hunderter gescheiterter Herangehensweisen überdeckt und gar nicht mehr lesbar…

Aus einem ähnlichen Ursprung mag der fast unsichtbare Text kommen, der sich in guten Reproduktionen noch an der oberen Kante erahnen lässt.

Tatsächlich hat diese Seite, die auf dem ersten Blick nur aus Text zu bestehen scheint, auch ein paar Illustrationen. Es handelt sich um zwei große Symbole, die vom üblichen Glyphenvorrat des Manuskriptes deutlich abweichen und überdem, als sollten sie noch besonders betont werden, in einer leuchtend roten Farbe ausgemalt sind. Solche Symbole finden sich an keiner anderen Stelle des Manuskriptes wieder. (Rote Farbe schon, aber auch nur einmal.) Sie wirken ähnlich wie auf den Kopf gestellte chinesische Logogramme, was aber leider auch eine Sackgasse ist – der Ursprung des Manuskriptes liegt eindeutig in Europa.

Wenn man in die hochauflösenden Bilder schaut, findet man noch eine dritte derartige Zeichnung in der rechten oberen Ecke. Diese ist zwar etwas komplizierter aufgebaut als »der Vogel« und »das dampfende Gefäß« zum Beginn des zweiten und dritten »Absatzes«, aber gibt ebenfalls keinen Aufschluss über ihre Bedeutung. Leider ist diese Zeichnung durch den Verschleiß des Pergamentes und der Tinte besonders unkenntlich geworden, so dass kein sicherer Abgleich mit chinesischen Logogrammen möglich ist.

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