Beiträge vom 3. Dezember 2009

Der ORF spannt uns auf die Folter…

Donnerstag, 3. Dezember 2009 21:02

Der ORF spannt uns alle zurzeit ganz ordentlich auf die Folter:

[…] jetzt bringt ein neuer Untersuchungsansatz Klarheit in das Dickicht von widerstreitenden Theorien und Ideen. Am Verwahrungsort des Voynich-Manuskripts, an der Universität Yale, hat man sich entschlossen, der mysteriösen Handschrift mit materialwissenschaftlichen Methoden zu Leibe zu rücken.

[…]

Das Ergebnis dieser Untersuchungen stellt alles, was man bisher über das Voynich-Manuskript wusste, auf den Kopf. Jetzt ist sicher: Alle bisherigen Theorien sind falsch. Denn das Buch ist viel älter als gedacht!

Ja, wie alt ist es denn nun? Und wie falsch sind die bisherigen Theorien, und wieviel älter als angenommen ist das verdammte Buch? Offenbar wollen die Programmgestalter des ORF, dass ihre Sendung am 10. Dezember auch gesehen wird und »erheitern« uns deshalb mit dunklen Andeutungen, als ob wir nicht genug zum Rätseln hätten – ich kann diese Sendung leider nicht sehen, denke aber, dass bei wirklich neuen und revolutionären Erkenntnissen eine gewaltige Aktivität auf der Mailingliste entstehen wird.

Ansonsten bin ich froh, dass es endlich einmal zu einer Altersbestimmung mit modernen Methoden gekommen ist, und dass das Manuskript wohl wirklich alt (und damit wahrscheinlich keine moderne Fälschung) ist. Oder genauer gesagt: Dass das Pergament des Manuskriptes alt ist. Auch erwarte ich von den Untersuchungen unter ultraviolettem Licht neue Aufschlüsse über die Entstehungsgeschichte des Manuskriptes.

Wer es gar nicht abwarten kann, werfe einen Blick auf Earth Times:

Forscher der Universität zu Arizona haben die Radiokarbon-Methode auf die 246 in Europa geschriebenen Seiten angewendet und herausgefunden, dass das Pergament zwischen 1404 und 1438 hergestellt wurde, wie Walter Koehler [ich vermute »Köhler«] mitteilte, ein ORF-Produzent, der die Fernsehdokumentation zum Manuskript überwachte.

Ferner haben Experten des McCrone-Forschungsinstitutes zu Chicago festgestellt, dass die Tinte nicht zu einem späteren Zeitpunkt aufgetragen wurde. Der Text wurde wahrscheinlich in Norditalien geschrieben.

Vor diesen Befunden »gab es keinen ernsthaften Experten, der es in die vorkolubianischen Zeiten datiert hätte«, sagte Koehler, sondern eher in ein 16. Jahrhundert, in dem codierte Texte modern waren.

Besonders gespannt bin ich allerdings auf die UV-Untersuchungen. Bislang bin ich aufgrund der Erscheinung in den hochauflösenden Fotographien der Yale-Universität davon ausgegangen, dass das Manuskript verblüffend wenig Korrekturen enthält, was angesichts eines unglaublich schwierigen Kodierungsverfahrens etwas überrascht. Sollten jedoch mehrfach fehlerhafte Stellen von Pergament entfernt worden sein, ist es vielleicht gar nicht mehr so überraschend. Mit einem bisschen Glück eröffnen sich vielleicht neue Einsichten in das angewendete Verschlüsselungsverfahren.

Nachtrag: Beim östereichischen »Standard« gibt es eine deutschsprachige Zusammenfassung der neuen Erkenntnisse.

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