Déjà vu

Manchmal kann man als aktiver Internet-Nutzer ganz seltsame Dinge erleben. Dies gilt vor allem, wenn man mehrere Projekte im Internet betreibt und plötzlich auf eine »gefühlte« Querverbindung stöÃ?t.

Dieses Blog wird mithilfe von WordPress betrieben. Es ist nicht das einzige Blog, das ich mehr oder weniger regelmäÃ?ig mit Inhalten fülle, und alle meine Blogs sind WordPress-Blogs. Zu WordPress empfinde ich eine solide Hassliebe; einerseits ist es eine sehr nützliche und einfach zu verwendende Software, andererseits gehen einige Entscheidungen im Software-Design momentan in eine – meiner Meinung nach – völlig falsche Richtung, was ein wichtiger Grund dafür geworden ist, dass man beim Bloggen immer wieder auf ärgerliche Programmierfehler stöÃ?t, die sich in WordPress zurzeit sehr häufen. Vor allem wer, wie ich, verschiedene Blogs auf unterschiedlichen Servern laufen lässt, muss zurzeit geradezu auf den einen oder anderen Fehler stoÃ?en. (Trotz dieser kritischen Phase im WordPress-Projekt könnte ich momentan niemandem eine bessere Software zum Bloggen empfehlen. Diese Phase wird entweder in einigen Monaten überwunden sein, oder es werden sich Menschen finden, die WordPress in besserer Weise weiterführen – freie Software lässt Menschen frei sein.)

Wegen dieser gegenwärtigen Bedingungen wird man schnell zum häufigen Besucher der diversen Support-Foren. Da mir der rohe, unhöfliche Umgangston im grö�ten deutschen Support-Forum persönlich nicht behagt und da das alternative deutsche Support-Forum momentan keine gro�e Nutzerbasis hat, finde ich mich vor allem im englischsprachigen Forum wieder. Dort habe ich schon manchen wertvollen Hinweis erhalten, wie ich bestimmte Probleme angehen kann; und natürlich habe ich aus meinen eigenen Erfahrungen und Einsichten heraus auch schon anderen weiterhelfen können. Wenn doch das wirkliche Leben genau so ein problemloses Geben und Nehmen wäre.

Natürlich wird das englische Support-Forum von vielen Menschen auf der ganzen Welt als erste Anlaufstelle durchsucht und gelesen, wenn ein Problem mit WordPress zu bewältigen ist. Und natürlich bedanken sich immer wieder Menschen in ihren Blogs für die wertvollen Tipps, die sie an dieser Stelle erhalten haben; häufig geht ein solcher Dank mit einen Link einher. Weil ich sehen kann, wer meine Blogs verlinkt, erfahre ich auf diese Weise, dass meine Mühe mit dem auch für mich nicht immer ganz einfachen Formulieren in englischer Sprache nicht umsonst war.

Manchmal sto�e ich dabei auf Blogs in ganz seltsamen Sprachen; in Sprachen, die ich vorher noch nie in schriftlicher Form gesehen habe und die ich gar nicht einordnen kann. Und das ist eines der ganz seltsamen Dinge, die mir heute begegnet sind, ein regelrechtes déjà vu. Es ist ein Text, den ich nicht lesen und verstehen kann (obwohl ich aus dem englischen Zitat heraus wei�, um welches technische Problem es sich handelt), und der mit den folgenden Worten beginnt:

Sial banget hari ini, gâ?? ada hujan dan gâ?? ada angin tiba-tiba saja toolbar wordpressku hilang entah kemana. Tanya ke mas Hendra kenapa toolbarku bisa hilang and beliau menjawab â??emangnya mas makai wordpress engine yang berapa? soalnya banyak teman-teman saya menanyakan hal yang sama seperti yang mas tanyakanâ??.

Ich fühlte mich unwillkürlich an einen anderen Text erinnert, der an einer Stelle »mittendrin« so lautet:

kreba kaya okaha hokaye lake reba hotaye leba bai-ul-ea mase leome homreba rebakaye rekaba yoy hokai-ur-amoyrea hea kai-ul-akame tai-womka yoy bakir-ame kango akahame lea kame bal-ea oye lea hokaba lea kaye rea kir-eay ai-wo-mome laba hokaha hoka perea kao yomka bayokea hokai-ur-itira hokaba hoka pereba hokliba atai-ur-eba hokaye ramome reba hoka soye rea hotaybabe lekira hokai-ur-ikir-ame leba okaba […]

Nun, jetzt sehe ich diese beiden Texte untereinander, und ich kann gar nicht mehr so eine groÃ?e Ã?hnlichkeit erkennen. Aber ein bisschen Ã?hnlichkeit glaube ich auch jetzt noch zu fühlen, vor allem wegen der Häufigkeit kurzer Wörter. Der erste Text ist, wie schon gesagt, aus einer natürlichen Sprache, in der wenigstens noch gebloggt wird und die gewiss ihre Sprecher und Hörer hat. Der zweite »Text« hingegen ist eine meiner frühen Sackgassen im Voynich-Manuskript. Er entstand, als ich nach Möglichkeiten suchte, die Glyphenfolge in einer sprechbaren Form darzustellen. Ich versuchte damals auch, mich musikalisch-lyrisch an das Problem heranzupirschen, und halte das auch heute noch für eine gute Idee. Wenn man von der Idee ausgeht, dass der »Text« des Voynich-Manuskriptes eine reale Sprache ist, denn sollte man durchaus den Versuch wagen, nicht nur die Grammatik, sondern auch die Rhythmik dieser Sprache aufzufinden – vielleicht lässt sich auf diese Weise ein guter Kandidat für die Sprache des »Textes« finden. Natürlich sind solche Vorgehensweisen zwangsläufig zunächst spekulativ und müssen fruchtbar sein, um überhaupt ernst genommen werden zu können.

Natürlich ist der zweite »Text« ein völlig willkürliches Produkt meiner Vorstellung davon, was ich für »aussprechbar« halte. (Es ist noch willkürlicher, als die Entscheidungen, die im Rahmen einer Transkription getroffen werden müssen.) Er wurde mit einer Reihe einfacher Regeln aus der EVA-Transkription von Takeshi Takahashi erzeugt, Grundlage des »Textes« ist der biologische Teil des Manuskriptes. Die hier angewendeten Regeln verursachen darüber hinaus einen Informationsverlust, sie sind also schlechte Regeln. Insbesondere verschieben sich die Endungen der »Wörter« und die »Gallows« führen in bestimmten Konstellationen zu eingeschobenen Vokalen. Das ist aber noch nicht alles. »Wörter« aus zwei Zeichen, die auf einen Vokal enden, werden zum Bestandteil des nächsten »Wortes« gemacht, genau so wird mit »Wörtern« verfahren, die nur aus einem Vokal bestehen. Wo »Wörter« auf drei Vokalen enden, wird der letzte Vokal in das nächste Wort herübergezogen. Gruppen von drei Konsonaten bekommen ein willkürliches »e« zwischen dem ersten und dem zweiten Zeichen eingeschoben. Wenn sich eine solche Gruppe jedoch am Anfang eines »Wortes« befindet, werden zwei Konsonanten in das vorhergehende Wort gezogen. Als Ergebnis dieser Regeln scheint vieles von der repetitiven Struktur der Glyphenfolge aufgelöst worden zu sein, es findet sich aber dennoch in etwas subtilerer Form wieder.

Die vielen Bindestriche spiegeln eine rhythmische Struktur wider, die ich anfangs zu erkennen glaubte. (Sie schien sich mit den Gallows, der ch-Ligatur und der Folge eeee zu decken.) Leider musste ich diese Idee schon nach einer oberflächlichen Prüfung wieder aufgeben, aber die Bindestriche sind geblieben. Später habe ich diese Regeln in den Extractor meines Voynich Information Browsers aufgenommen, um die Schnittstelle für die Module zur Bearbeitung einer Transkription zu testen. Und obwohl es eine Spielerei ist, ist dieses sinnlose Modul doch geblieben. Vielleicht auch deshalb, weil es immer noch die einzige Aufbereitung des »Textes« ist, die mir eine sinnliche Erfahrung bereiten kann, indem ich sie spreche.

Und das alles ist mir wieder eingefallen, als ich einen Text in einer natürlichen Sprache sah, der mich auf dem ersten Blick oberflächlich an diesen »Text« erinnerte. Natürlich war auch das eine Sackgasse…

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Datum: Mittwoch, 23. Januar 2008 21:56
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Ein Kommentar

  1. 1

    Ist das Malaiisch?
    Interessant an dieser Sprache finde ich vor allem, daß – ähnlich dem Voynichmanuskript – Wortwiederholungen überhaupt keine Seltenheit sind. Allein auf der Titelseite der malaiischen Wikipedia findet sich: »apa-apa«, »empayar-empayar«, »berbagai-bagai«, »bahasa, bahasa«, »bahasa-bahasa«, »kira-kira«, »Negeri-negeri«, »Hari-hari« und »mana-mana«.
    (Oft stellt die Dopplung einfach nur den Plural des Wortes dar, manchmal hat sie auch eine eigene Bedeutung, wie in »mata = Auge, mata-mata = Spion«.)
    Aber auch Setzfetzen wie »pada pandangan anda« wirken so richtig schön voyneechish.

    Eine austro- oder indonesische Sprache als Grundlage des VMS erscheint mir jedenfalls plausibler als verschlüsseltes Latein oder umtranskribiertes Arabisch.

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