Beitrags-Archiv für die Kategory 'Sonstiges im Netz'

Ein Autokopist

Mittwoch, 30. Juli 2014 11:10

Die Theorie von Torsten Timm halte ich (bis jetzt) für eine sehr gute Erklärung aller mir bekannter Eigenschaften des Manuskriptes:

Kern dieser angenommenen Methode ist ein Kopiervorgang des Schreibenden: Dieser erfand initial eine Reihe von unterschiedlichen Zeichenfolgen, die er im Anschluss immer wieder abwandelte. Timm weist nach, das teilweise ganze Zeilen voneinander kopiert scheinen, wobei immer leichte Abwandlungen in den Kopierprozess eingeflochten wurden, so dass nie gleiche, sondern immer nur ähnliche Zeichenketten entstanden

Insbesondere würde bei einer solchen hilfsmittelfreien Methode, die lediglich einen Blick auf die vorhergehende (oder eine andere) Zeile benötigt, das charakteristische flüssige Schriftbild mit harmonisch gebildeten »Wörtern« entstehen. Der Eindruck, dass sowohl die Zeile als auch die Seite eine Informationseinheit darstellt, kann durch zeilenweises Kopieren bei leichten Abwandlungen sehr leicht entstehen. Und dass bei der monotonen Erstellung vieler Seiten mit »sinnlosem Gebrabbel« auch einmal ganz seltsame Zeichen entstehen, ist nicht überraschend, sondern eine Reaktion des »Autors« auf die beim »halbautomatischen Schreiben« aufkommende Langeweile…

Einmal ganz davon abgesehen, dass klar würde, warum es beinahe keine Korrekturen im »Text« gegeben hat. Dass jeder Versuch einer Entzifferung scheitern muss, ist bei einem »Scheintext« nicht weiter erstaunlich.

Das Paper¹ von Torsten Timm bei arxiv.org

¹Ich lese zu viel Englisch. Wie nennt man ein »Paper« auf Deutsch?

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The Book That Can’t Be Read

Samstag, 22. September 2012 1:59

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Hochauflösende Bilder vom Manuskript

Dienstag, 5. Juli 2011 15:23

Wer hochauflösende Bilder vom Voynich-Manuskript betrachten möchte, aber mit dem Angebot der Beinecke-Bibliothek nicht zufrieden ist, sollte sich einmal den Voynich Manuskript Voyager von Jason Davis anschauen.

Besonders erfreulich ist es, dass sich dort Vergrößerungsstufe und Ausschnitt bequem verlinken lassen. Das ist großartig!

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Leseempfehlung (englisch)

Montag, 13. Juni 2011 1:57

Es ist besonders interessant, dass selten vorkommende Zeichen vermehrt am Ende der Zeile und häufiger vorkommende Zeichen vermehrt am Zeilenanfang auftreten.

Wer sich für das »verdammte Manuskript« interessiert und etwas Englisch kann (und sich nicht an einem trockenen, faktenbasierten Text stört), sollte unbedingt die Arbeit von Sravana Reddy und Kevin Knight »What We Know About The Voynich Manuscript« lesen. Auch ich habe darin einige Beobachtungen gefunden, die mir neu waren.

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Das McCrone-Gutachten ist online

Donnerstag, 2. Juni 2011 2:47

Die chemische Analyse der im Voynich-Manuskripte verwendeten Tinte(n) durch das McCrone-Institut (im Auftrag des ORF für die Dokumentation, die 2009 gesendet wurde) ist jetzt veröffentlicht – und wenn nicht Nick Pelling in seinem Blog darauf hingewiesen hätte, denn hätte ich es gar nicht mitbekommen. Das achtseitige Dokument steht auf der Voynich-Seite der Beinecke-Bibliothek als PDF für interessierte Leser zur Verfügung. Leider hat die Beinecke-Bibliothek eine reine Textversion veröffentlicht, und die im Text erwähnten Abbildungen – unter anderem eine aus meiner Sicht hochinteressante Ultraviolett-Aufnahme der Seite f1r, die auch einige bislang ungesehene Features offenbart hat – sind nicht Bestandteil der Veröffentlichung. Das ist schade und ich hoffe sehr, dass diese Bestandteile der Analyse demnächst nachgereicht werden.

Zum Glück ist Englisch viel leichter zu lesen als der Text des »verdammten Manuskriptes«, aber für jene, die nur eine kurze Zusammenfassung ohne die »blutigen Details« haben möchten, seien hier sehr kurz einige Punkte aufgeführt:

Tinte – Für den Text und den Umriss der Illustrationen wurde mit allergrößter Wahrscheinlichkeit die gleiche Tinte verwendet.

Seitennummerierung – Wer sich schon etwas eingehender mit den hochauflösenden Bildern des Manuskriptes beschäftigt hat, wird nicht überrascht sein, dass bei der Nummerierung der Seiten eine andere Tinte verwendet wurde.

Die Nummerierung der Buchbündel, die schließlich zum Codex gebunden wurden, ist in einer dritten Tinte ausgeführt.

Das lateinische Alphabet auf Seite f1r wurde mit einer vierten Tinte geschrieben.

Darüber hinaus wurde auch die Zusammensetzung der Farben untersucht.

Kurze Interpretation

Ich bin nicht besonders überrascht. Dass die Nummerierung der Seiten mit einer anderen Tinte als der »Text« des Manuskriptes geschrieben wurde, zeigte sich bereits in der deutlich anderen Farbe – für mich sah die Seitennummerierung immer nach einer späteren Hinzufügung aus. Für diese Annahme gibt es jetzt auch ein hartes Indiz. Das bedeutet unter anderem, dass die heute vorliegende Reihenfolge der Seiten nicht unbedingt den Absichten des Autors oder der Autoren entsprechen muss. Schlussfolgerungen aus der Reihenfolge der Seite stehen also auf schwachen Füßen.

Die Beobachtung von J. B. Hurych, dass die Form der Ziffern Ähnlichkeiten zur Handschrift der Glyphen im »Text« des Manuskriptes aufweist, scheint auf diesem Hintergrund nicht mehr ein so sicheres Indiz dafür zu sein, dass diese Nummerierung vom Autor vorgenommen wurde. Allerdings spricht nichts dagegen, dass sie dennoch viele Jahre später vom Autor hinzugefügt wurde, vielleicht auch, weil das Buch gebunden oder neu gebunden werden sollte.

Dass die einzelnen Buchbündel von den Buchbindern nummeriert wurden, überrascht nicht. Es handelt sich um eine eher »technische« Angabe. Und das stark verblichene, ausradierte lateinische Alphabet auf der ersten Seite machte schon immer den starken Eindruck, ein Überbleibsel eines früheren Entzifferungsversuchs zu sein und nicht vom Autor zu stammen. Dies deckt sich auch mit den Schlüssen Jorge Stolfis aus dem Jahr 1999 (hui, 5 Uhr morgens, das klingt nach einer langen Nacht).

Also alles in allem nichts Neues…

Gestützt wird von dieser Analyse, dass das Voynich-Manuskript eine »Geschichte« hat, was der Annahme einer modernen Fälschung (etwa durch Wilfrid Voynich auf der Grundlage alten Pergamentes) widerspricht. Dies war jedoch auch vorher (den meisten Untersuchern) klar.

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Qokeedy qokeedy qokedy qokedy qokeedy

Mittwoch, 28. Oktober 2009 2:18

Über diesen »Text« auf der Seite f75r hat sich wohl jeder schon einmal gewundert, der das Manuskript verstehen wollte. Zu einer Sprache scheint das nicht zu passen.

Oder vielleicht doch? Hier die »Geschichte des Shi der Löwen isst« von Zhào Yuánrèn in klassischem Chinesisch, nach der heutigen Aussprache in Pinyin transkribiert:

»Shï Shì shí shï sh?«

Shíshì shïshì Shï Shì, shì shï, shì shí shí shï.
Shì shíshí shì shì shì shï.
Shí shí, shì shí shï shì shì.
Shì shí, shì Shï Shì shì shì.
Shì shì shì shí shï, shì sh? shì, sh? shì shí shï shìshì.
Shì shí shì shí shï shï, shì shíshì.
Shíshì shï, Shì sh? shì shì shíshì.
Shíshì shì, Shì sh? shì shí shì shí shï.
Shí shí, sh? shí shì shí shï, shí shí shí shï shï.
Shì shì shì shì.

Quelle: deutsche Wikipedia | english version

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Die Voynich-Blogs

Dienstag, 26. Mai 2009 3:21

Dieses Voynich-Blog ist mein ältestes Internet-Projekt mit einem WordPress.

Als ich es im Jahre 2005 begann, war WordPress noch eine kleine und sehr überschaubare Software, die durchaus ihre rauen Ecken und Kanten hatte, aber ihren Zweck dennoch gut erfüllte. Ich hatte das Blog damals aufgesetzt, um meine Betrachtungen zum Voynich-Manuskript ein bisschen von meiner eher gesellschaftskritischen Homepage zu trennen. Zu einem Blog habe ich mich nicht etwa entschlossen, weil ich damals so begeistert von dieser Form des Publizierens gewesen wäre, sondern weil ich mich für die eher seltenen Publikationen nicht mit einem vollwertigen CMS herumschlagen wollte, aber auch die fehlerträchtige Mühe mit handgeschriebenem HTML und FTP-Uploads vermeiden wollte. Die damals verfügbaren Blogsysteme traten mir da als brauchbare Softwaregattung mittlerer Komplexität entgegen, und warum nicht einmal mit etwas Neuem experimentieren…

Nun gut, es sollte nicht mein letztes Blog bleiben – inzwischen betreibe ich eine Handvoll davon. Dieses Blog hat allerdings die längste Geschichte, es ist mehrfach auf verschiedene Domains umgezogen und hat auch schon einen Wechsel des Servers hinter sich. Es wird nur wenig gelesen – was wohl am Thema liegt – aber es ist mir dennoch ans Herz gewachsen. Außerdem kann ich an den Zugriffszahlen immer so schön sehen, ob das Thema unseres »verdammten Manuskriptes« mal wieder durch die deutschen Medien geht, denn dann suchen eben viele Menschen im Internet nach weiteren Informationen.

Inzwischen haben jedoch mehrere Voynich-Forscher entdeckt, dass ein Blogsystem eine ganz brauchbare Möglichkeit des einfachen Publizierens von Gedanken, Betrachtungen und Ergebnissen ist. Natürlich sind die meisten dieser Blogs in englischer Sprache, ich bin als deutscher Autor doch etwas seltenes. Die mir bekannten Voynich-Blogs sind die folgenden:

Und zu diesen Blogs ist jetzt ganz frisch ein weiteres Blog hinzugekommen, das ich für die regelmäßige Lektüre empfehlen kann, wenn es kein Problem ist, Englisch zu lesen:

Natürlich wird die englischsprachige Mailingliste (hoffentlich) auch in Zukunft der Ort des internationalen Austausches sein und die primäre Stelle, an der neue Erkenntnisse mitgeteilt werden; eine Zersplitterung der Kommunikation durch das tendenziell dezentrale Bloggen ist zurzeit noch nicht zu befürchten.

Aber dennoch, sollten in Zukunft noch weitere Blogs zum Voynich-Manuskript geführt werden, könnte es schnell etwas unübersichtlich für einen interessierten Leser sein. Drei bis vier regelmäßig aktualisierte Websites sind noch sehr überschaubar, aber sind es erstmal sieben, acht oder mehr, denn wird es zunehmend schwieriger, sich auf dem Laufenden zu halten.

Von daher kann ich jedem Interessierten schon jetzt empfehlen, die RSS-Feeds der Blogs zu benutzen und sich einen guten RSS-Reader auszusuchen. Wer regelmäßig bloggt und andere Blogs regelmäßig liest, kann sich kaum noch ein Leben ohne RSS-Reader vorstellen. Die Benutzung dieser Programme ist relativ einfach.

Vielleicht wird ja eines Tages jemand einen RSS-Aggregator im Internet zur Verfügung stellen, ähnlich, wie ich es bereits für die Blogs aus Hannover tue. Noch scheint mir das unnötig, aber warten wir noch ein paar Monate…

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Geheimnis oder Geschwafel?

Freitag, 18. April 2008 6:33

Die von mir sehr geschätzte Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung der Parawissenschaften befasst sich in ihrem Blog mit einem geplanten Vortrag zum Voynich-Manuskript. Auf der kommenden GWUP-Konferenz wird der Informatiker Klaus Schmeh verschiedene Theorien beleuchten und beabsichtigt dabei auch, etwas Licht in das Dunkel zu bringen.

Nun gut, das beabsichtige ich ja auch. Allerdings halte ich es nicht für die wahrscheinlichste Lösung, dass es sich beim Inhalt dieses Buches um bedeutungslosen Unfug handelt, sondern ich will dieses Buch eines Tages lesen. Aber zumindest das eine habe ich mit Herr Schmeh gemeinsam: »Völlig sicher bin ich mir da aber nicht«. 😉

In einer anderen Sache hingegen bin ich mir sehr sicher. Im Gegensatz zu Herrn Schmeh halte ich die Untersuchungen von Gordon Rugg nicht für schlüssig. (Aber durchaus für interessant und ausbaufähig.) Bei aller optischer Ähnlichkeit der von Rugg erzeugten »Texte« ist es Rugg in seinem vorgelegten Textmaterial nicht gelungen, die recht deutlichen Verteilungen der Wortlängen innerhalb der Zeilen und die in für tiefere Zeilen abnehmenden Gallow-Häufigkeiten innerhalb der Seiten zu reproduzieren. Diese Strukturen erwecken im richtigen Manuskript den starken Eindruck, dass es sich sowohl bei den Zeilen als auch bei den Seiten um Informationeinheiten handele.

Auch gelingt es Ruggs »Pseudo-Voynichianisch« nicht, die besonders auffällige Anhäufung von Glyphen wie m in den letzten Wörtern der Zeilen zu reproduzieren. Vielmehr wirken die Glyphen über die Zeile gleichmäßig verteilt, was im deutlichen Kontrast zum Text des Manuskriptes steht.

Leider hat Gordon Rugg zwar nach eigener Publikation ein Computerprogramm für seine Methode erstellt, es aber weder für nötig erachtet, mit Hilfe dieses Programmes eine ausreichend große Menge Nonsens-Text (sagen wir einmal: um dreißig Seiten herum) zu generieren und für Vergleiche zur Verfügung zu stellen, noch hielt er es für eine gute Idee, sein Programm und die verwendeten Eingabedaten öffentlich zugänglich zu machen. Angesichts der etwas kryptischen Arbeitsmethoden und der Tatsache, dass aufgrund einer eher oberflächlichen Ähnlichkeit des Ergebnisses ein weit reichender Schluss postuliert wurde, ist dieser ganze Ansatz mit einem Makel behaftet, der ebenso arg ist wie die Leistungen einiger wirrköpfiger »Entzifferer«. Und das ist schade, denn es fügt der ernsthaften Auseinandersetzung mit dem »verdammten Manuskript« anhaltend Schaden zu.

Gerade bei Menschen, die Skeptiker sind, sollte bei einer solchen wissenschaftlichen Arbeitsweise jede Alarmlampe angehen, wenn auch die »Ergebnisse« solchen Arbeitens im Scientific American publiziert wurden.

Natürlich kann der Vortrag dennoch interessant sein. Wer sich in der Zeit zwischen dem 1. und 3. Mai in Darmstadt aufhält, sollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Der GWUP wäre (wohl nicht nur) ich sehr zu Dank verpflichtet, wenn Inhalte dieses Vortrages und ergänzende Materialien – ein Kryptografie-Experte und Informatiker wird sich gewiss sehr gründlich mit dem Manuskript und einigen »Lösungen« auseinandersetzen, da bin ich mir ganz sicher – frei im Internet verfügbar gemacht würden, damit ich zusammen mit den ganzen anderen Voynichologen auch etwas davon habe.

[via Voynich News]

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Wie klingt das Manuskript?

Samstag, 23. Februar 2008 19:03

Ich vertrete ja schon länger die These, dass einer der Gründe, weshalb das Voynich-Manuskript jedem Versuch trotzt, ihm einen ursprünglichen Text zu entreißen, darin liegt, dass es gar keinen »Text« im gewöhnlichen Sinne des Wortes geben könnte. Eine meiner frühen Ideen, die ich niemals weiter verfogte, war, dass es sich um eine Form der musikalischen Notation handeln könne; diese könnte durchaus starke Muster und Regelmäßigkeiten aufweisen. Auch könnten sich auf durch diese These die momentan noch rätselhaften zwei »Sprachen« im Manuskript erklären, sie wären schlicht die beiden Tongeschlechter Dur und Moll.

Nun hat Berj Ensanian ein erstes Experiment angestellt, das Manuskript als Musik zu interpretieren und seine Ergebnisse der englischen Mailingliste und auf seiner Website mitgeteilt. Die folgende, auszugsweise Übelsetzung seiner Mitteilung in der Mailingliste ist von mir, die Links auf erläuterndes Material habe ebenfalls ich hinzugefügt:

Ich zwei  Audiodateien im MP3-Format zum Download und Anhören zur Verfügung gestellt. Du kannst diesen Audiodateien lauschen und sie mit den ersten Absätzen der Seite f20r des Manuskriptes (ein pflanzenkundlicher Text in Currier-Sprache A) und der Seite f95r2 (pflanzenkundlich in Currier-Sprache B) vergleichen. Es handelt sich um eine experimentelle Transkription in Musik. Jedes Stück dauert ungefähr eine Minute. Eine vollständige, in die Einzelheiten gehende Beschreibung dieser Übertragung und der Einschränkungen dieses Experimentes sind verfügbar.  […]

Der präzise Bericht erläutert die Vorgehensweise recht ausführlich. Interessant ist des abschließende Urteil über den Höreindruck (die Übelsetzung ist wieder von mir, die direkten Links auf die MP3-Dateien sind meine Ergänzung):

[…] Und schließlich ein paar Eindrücke von der Gegenüberstellung von f20r mit f95r2: Die Umsetzung von f20r hört sich für meine Ohren erstaunlich gut an. Ich wäre nicht überrascht, so etwas zu hören, wenn jemand entspannt auf seinem Klavier improvisiert. Allerdings klingt die Umsetzung von f95r2 für mich sehr anders. Im Gegensatz zu f20r scheinen sich dort die Zeilen stärker voneinander zu unterscheiden. Vielleicht sind die Zeilen in f95r2 in alternierenden Schreibrichtungen [engl. Wort hier: »boustrophedon«, meine Anmerkung] geschrieben, so dass ihre Musik besser klingt, wenn man das berücksichtigt – ich werde das noch untersuchen. So wie ich es transkribiert habe, ist der Höreindruck zwar nicht schrecklich, aber die musikalische Umsetzung der Seite f95r2 erinnert mich an zufällige Einsprengsel von Daten in einen digitalen Datenstrom, was zuweilen eine Kakophonie ergibt. Verglichen mit f20r, klingt in f95r2 weniger ein musikalisches Thema, weniger innere Ordnung, es klingt ein bisschen, als würde ein unerfahrener Musiker versuchen, ein Stück zu komponieren, dessen Komplexität seine Fähigkeiten übersteigt. Im Gegensatz dazu klingt die Currier-Sprache A der Seite f20r so, als wäre sie von einem verbindenden musikalischen Thema getragen. Vielleicht ist es dieses Muster, das zu der Erwägung führt, dass die Currier-Sprache A näher bei den Mustern einer natürlichen Sprache liegt als die Currier-Sprache B.

Ein wirklich hochinteressantes Experiment.

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Das Manuskript im Spiegel

Mittwoch, 18. April 2007 19:40

Nein, es geht hier nicht um den Versuch, durch gezielte Spiegelung der immer noch ungelesenen Zeichenfolge einen Sinn zu entreißen, sondern um den aktuellen Spiegel-Artikel »Voynich-Manuskript: Wissenschaftler hält mysteriöse Mittelalter-Schrift für Schabernack«. Dass der Text eines eher allgemein gebildeten Wissenschafts-Journalisten zu einem Thema, in dem man sich selbst leidlich auskennt, oft nicht besonders erhellend ist, will ich gar nicht erst thematisieren. Das ist normal. Ebenso, wie die pressetypische Ausdrucksweise, die mit dem Seriosität erheischenden Wort »Wissenschaftler« das wenig wissenschaftliche Wort vom »Schabernack« transportiert. Auch das ist in den heutigen Medien leider normal.

Vielmehr will ich kurz Stellung zu dem beziehen, was als Methode des Physikers Andreas Schinner von der Johannes-Kepler-Universität zu Linz durch den Text des Artikels hindurchschimmert. Das in der Artikelüberschrift und im Text so prall postulierte Ergebnis wirkt angesichts der Methoden, mit denen es gewonnen wurde, durchaus fragwürdig:

Es handle sich vielmehr um das Werk eines Schelms, berichtet er in der Fachzeitschrift »Cryptologia« (Bd. 31, S. 95), freilich um das eines äußerst raffinierten. Der Text enthalte lediglich bedeutungsloses Geschwafel.

Nun, ein »Schelm« hat das Manuskript geschrieben, und zwar ein ganz »raffinierter«; der Inhalt ist schelmig-leeres Geschwafel. Der muss wirklich recht raffiniert gewsen sein, dieser Schelm! Denn was er da produziert hat, das schafft es erfolgreich, seinen leeren Charakter zu verbergen – selbst bei Anwendung moderner Methoden. Für einen bloßen, schelmischen Scherz – oder was im Kontext des Manuskriptes wahrscheinlicher ist: für einen Betrug – wäre deutlich weniger Mühe erforderlich gewesen, ein gehobenes Gekrakel hätte auch gereicht, um den mittelalterlichen Käufer eines »wertvollen« Manuskriptes zu verblenden. Wahrscheinlich wäre bei einem solchen Versuch des Betruges auch mehr Mühe in die graphische Gestaltung geflossen, dafür jedoch weniger Mühe in das Ersinnen eines bis zum heutigen Tag verwirrenden, künstlichen Schriftsystemes, dessen einziger Zweck es bleiben sollte, für eine einmalige Anwendung dort eine Botschaft vorzutäuschen, wo sich keine befindet.

Aber nicht einmal das lässt sich ausschließen, wo wir so wenig Wissen haben. Nur eines wäre klar: Dieser Schelm wäre so raffiniert gewesen, dass er sogar Methoden der Analyse begegnet wäre, die es zu seiner Zeit noch gar nicht gab. Das klingt denn doch etwas zu schelmig für meine Ohren.

»Es deutet vieles daraufhin, dass es sich um das Produkt eines Algorithmus handelt«, sagte Schinner im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE.

Wie gesagt, ausschließen möchte ich das nicht. Aber was man bei der Annahme eines Algorithmus zur Erzeugung sinnloser Zeichenfolgen in Betracht ziehen sollte, sind die folgenden beiden Punkte:

  1. Das Ersinnen eines solchen Verfahrens ist aufwändig. Es kostet Zeit und Mühe. Dieser Aufwand an Zeit und geistiger Arbeit wird wohl nicht zum Vergnügen betrieben, sondern nur, wenn er erforderlich ist. Für den Zweck eines vorgetäuschten »wertvollen« Manuskriptes wäre eine geringere Mühe völlig hinreichend gewesen, zumal den Empfängern dieser Schelmerei nur frühneuzeitliche geistige Werkzeuge für die Analyse des »Fakes« zur Verfügung gestanden hätten. Es wäre nicht nötig gewesen, den heute noch feststellbaren, sehr hohen Aufwand für eine solche Fälschung durch Erzeugung inhaltsleerer Zeichenfolgen zu treiben. Außer natürlich, es findet sich aus dem – immer noch unbekannten – Umfeld der Manuskript-Entstehung ein guter Grund für diesen hohen Aufwand.
  2. Das verwendete Verfahren muss mit spätmittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Methoden durchführbar gewesen sein. Dass der Spiegel-Artikel später den durchaus interessanten Versuch Gordon Ruggs erwähnt, ein solches Verfahren zu ersinnen, passt gut in diesen Punkt. Allerdings hat Gordon Rugg keine überzeugende Leistung gebracht, da sein relativ aufwändiges Verfahren viele Eigenschaften des Manuskriptes nicht reproduzieren konnte – dennoch ist ein solcher Ansatz der Forschung wert. Leider hat Gordon Rugg seine Teilergebnisse ist recht reißerischer Form publiziert und als endgültige Lösung präsentiert, was seine im Grundsatz interessante Idee überschattet und vergällt.

Übrigens habe ich ein kleines Programm, mit dessen Hilfe ich auch Zeichenfolgen erzeugen kann, die einige Eigenschaften des Voynich-Manuskriptes reproduzieren. Was beweist das? Nicht viel. Denn ich kann mit dem gleichen Programm und anderen Eingabedaten auch einige Eigenschaften der deutschen Sprache reproduzieren, die ja hoffentlich kein Fake und kein »bedeutungsloses Geschwafel« ist. Es ist eine meiner vielen Sackgassen, eine der Schnapsideen, die man eben ausprobiert, wenn man auf ein großes Rätsel »herumdenkt«. Es war mir nicht einmal eine Meldung wert.

Verglichen mit der Annahme eines eigens für einen Betrug ersonnenen Algorithmus erscheint es mir fast schon glaubwürdiger, dass es sich um notierte Glossolalie handelt.

Zuerst prüfte Schinner die Häufung von Wörtern und sehr ähnlichen Varianten innerhalb des Textes. Dann gebrauchte er die unverständliche Sprache als Quelle für einen sogenannten Random Walk, um Muster im Text erkennen zu können. Und schließlich suchte er nach wiederkehrenden Vorsilben, die eine besondere Bedeutung haben könnten, wie etwa das Wort »und«.

Was diesen drei Methoden – derer zweie ich selbst beim Analysieren auch schon angewendet habe – gemeinsam ist, das ist eine Annahme, die schon lange vor der Durchführung in die Methode und damit auch in die Analyse eingeht. Die Annahme ist, dass es sich beim Voynich-Manuskript um eine relativ »direkt« niedergeschriebene Sprache handelt, nicht um einen Code. Auf Grundlage dieser Annahme wurden die Ergebnisse mit »wirklicher« Sprache verglichen, und dabei ergab sich etwas, was mich nur wenig überrascht: Es handelt sich wohl nicht um eine »direkt« niedergeschriebene Sprache, jedenfalls nicht um eine Sprache, die heute noch im europäischen Kulturraum gesprochen würde.

Die am häufigsten vertretene Annahme, dass es sich bei der Glyphenfolge des Voynich-Manuskriptes um das Ergebnis einer Verschlüsselung handele, ist mit diesen Untersuchungen noch gar nicht bearbeitet worden. Das ist bemerkenswert für eine Arbeit, die ausgerechnet in einer Fachzeitschrift für Kryptographie veröffentlicht wurde. Aber ich will hier gar nicht so polemisch werden und mir erst einmal in aller Ruhe die Ergebnisse dieser Untersuchung Schinners beschaffen – der Spiegel als allgemeines Nachrichtenmagazins kann hier natürlich nicht leisten, was eine Fachzeitschrift leisten muss.

»Man greift sich ein Wort aus dem Text und sucht nach ähnlichen Worten«, beschreibt Schinner eine seiner Methoden. Die größte Wahrscheinlichkeit, ein solches Wort zu finden, sei unmittelbar beim nächsten Wort. Die bizarre Aneinanderreihung identischer oder ähnlicher Worte war zuvor schon anderen Forschern aufgefallen.

Das ist für mich und andere nicht gerade von hohem Neuigkeitswert, sondern ein inzwischen seit Jahrzehnten bekanntes Ergebnis der Analysen. Sogar direkt aufeinander folgende identische »Wörter« treten so häufig auf, dass sich diese Tatsache schon mit sehr einfachen Methoden der Analyse aufdecken lässt. Es ist eine der ganz großen Seltsamkeiten in diesem Manuskript.

Der Linzer Forscher hat das Ganze nun aber statistisch mit einem selbst geschriebenen Programm ausgewertet. »Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Wort noch einmal auftritt, nimmt mit größerer Entfernung ab.« Das sei untypisch für eine natürliche Sprache, sagt Schinner, der das geheimnisvolle Manuskript mit etwa gleich langen Vergleichstexten aus dem Mittelalter verglichen hatte […]

An dieser Stelle wird offen eingestanden, wie eine bestimmte Annahme über den Inhalt des Manuskriptes in die Untersuchung eingegangen ist und von der Untersuchung widerlegt wurde – das ist wirklich nichts besonderes, das passiert mir auch immer wieder. Besonders ist es aber, wenn daraus die sehr weit reichende Folgerung gezogen wird, dass somit der »Text« des Manuskriptes sinnlos sein müsse; es ist nämlich in ganz besonderer Weise falsch und verkürzt geschlossen. Wenn solche Scheinergebnisse dann auch noch über die allgemeine Presse zu einem wenig fachkundigen Publikum transport werden, dann ist das in der Überschrift des Artikels proklamierte Wort vom »Wissenschaftler«, der solchen Kurzschlüssen, erliegt nichts weiter als ein Vehikel zum Transport eines modernen Aberglaubens von einer »unfehlbaren Wissenschaft«. Und dieser Aberglaube ist schlecht, da er die Kritikfähigkeit der daran glaubenden Menschen erstickt.

Auch der sogenannte Random Walk stützte Schinners These vom per Algorithmus generierten, inhaltsleeren Konvolut. […] »Ein natürlicher Text sieht vollkommen zufällig aus«, erklärt Schinner, sprachliche Korrelationen gingen im Wust der Bits unter.

Auch hier wurde keineswegs die These vom »inhaltsleeren Konvolut« gestützt, sondern die grundlegende These der Untersuchung, es handele sich um »direkt notierte« natürliche Sprache widerlegt.

Wie gesagt, das ist nichts ungewöhnliches. Dieses Manuskript hat es bislang auch geschaft, die meisten meiner Thesen zu widerlegen, und da bin ich wirklich nicht der einzige. 😉

Aber der Spiegel geht auch noch – wie oben bereits angedeutet – auf frühere Versuche ein, das Voynich-Manuskript als eine bedeutungslose Reihe von Zeichen zu entlarven. Wie gesagt, ich halte solche Untersuchungen für wichtig und sinnvoll, vor allem wenn sie so kreativ betrieben werden, wie dies Gordon Rugg vormachte:

Im Jahr 2003 hatte bereits der britische Psychologe und Computerwissenschaftler Gordon Rugg die These aufgestellt, dass die Voynich-Texte aus der Feder eines gewitzten Schelms stammen könnten: Er schuf mit einer auf eine Silbentabelle gelegten Schablone unverständliche Fantasietexte, die dem Voynich-Manuskript verblüffend ähnelten.

Aber dass die Schablonen-Texte Ruggs dem Manuskript verblüffend ähnelten, kann man beim besten Willen nicht behaupten, ohne der Wirklichkeit Gewalt anzutun. Sie hatten eine gewisse oberflächliche Ähnlichkeit, es fehlte jedoch an wichtigen, durch Untersuchungen gut belegten Eigenschaften des wirklichen Manuskriptes:

  • Die Zeilen haben eine interne Struktur, zum Ende einer Zeile hin ändern sich die Häufigkeiten bestimmter Glyphen und die durchschnittliche Länge eines »Wortes«.
  • Jede Seite hat eine interne Struktur, von den oberen zu den unteren Zeilen hin ändern sich die Häufigkeiten bestimmter Glyphen und die durchschnittliche Länge eines »Wortes«.
  • Bestimmte »Wörter«, die auf außergewöhnliche Weise geformt sind, kommen beinahe ausschließlich in der ersten Zeile eines »Absatzes« vor.

Darüber hinaus sind die Schablonen von Gordon Rugg in einer Weise belegt, die gerade Eigenschaften des bekannten Manuskriptes widerspiegeln. Das sagt etwas über die bekannten Eigenschaften des Manuskriptes aus, aber gar nichts darüber, ob sich in dieser Wirrsal auch eine Information befinden könnte. Leider hat Rugg nur eine recht geringe Textmenge erstellt, so dass in die Tiefe gehende Vergleiche nicht möglich sind; dabei sollte sich mit Hilfe eines geeigneten Computerprogrammes mit Leichtigkeit eine ausreichende Menge zufälligen »Textes« ohne Inhalt erstellen lassen, die dann zur Grundlage für Vergleiche mit dem wirklichen Manuskript hätte dienen können. Statt der Forschergemeinschaft mit diesem Mittel zu helfen, hat Rugg sehr plakativ und marktträchtig proklamiert, dass er das leidige Rätsel gelöst habe, was leider einiges an Schaden angerichtet hat. Seine Veröffentlichung im Scientific American ist eines der abschreckendsten modernen Beispiele für ernst genommene Pseudowissenschaft, die mir in den letzten Jahren begegnet sind – aber wer sich nur am Rande mit dem Thema des Voynich-Manuskriptes beschäftigt hat, mag solche »Ergebnisse« ob ihrer Quelle für ein »wahr« halten.

Selbst der Spiegel muss seinen Text mit dem folgenden Eingeständnis abschließen:

Gerade weil es absurd erscheint, darin eine kodierte Botschaft unterzubringen, könnte es der Autor getan haben. Auf jeden Fall bietet das mysteriöse Manuskript auch weiterhin Stoff für Spekulationen aller Art. Die Suche nach einem möglichen Sinn im Text geht weiter.

In der Tat, diese Suche geht weiter. Was sich an ihrem Ende zeigen wird – vielleicht sogar, dass der Text gar keinen Sinn im gewöhnlichen Sinne des Wortes hat – weiß noch niemand. Aber jeder hat eine Annahme und macht auf Grund dieser Annahme seine Untersuchungen, die bislang noch jede Annahme widerlegen konnten. Das ist in der Tat nichts neues, was das als aktuelle Meldung im Spiegel erschien.

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