Geheimnis oder Geschwafel?

Die von mir sehr geschätzte Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung der Parawissenschaften befasst sich in ihrem Blog mit einem geplanten Vortrag zum Voynich-Manuskript. Auf der kommenden GWUP-Konferenz wird der Informatiker Klaus Schmeh verschiedene Theorien beleuchten und beabsichtigt dabei auch, etwas Licht in das Dunkel zu bringen.

Nun gut, das beabsichtige ich ja auch. Allerdings halte ich es nicht für die wahrscheinlichste Lösung, dass es sich beim Inhalt dieses Buches um bedeutungslosen Unfug handelt, sondern ich will dieses Buch eines Tages lesen. Aber zumindest das eine habe ich mit Herr Schmeh gemeinsam: »Völlig sicher bin ich mir da aber nicht«. 😉

In einer anderen Sache hingegen bin ich mir sehr sicher. Im Gegensatz zu Herrn Schmeh halte ich die Untersuchungen von Gordon Rugg nicht für schlüssig. (Aber durchaus für interessant und ausbaufähig.) Bei aller optischer Ähnlichkeit der von Rugg erzeugten »Texte« ist es Rugg in seinem vorgelegten Textmaterial nicht gelungen, die recht deutlichen Verteilungen der Wortlängen innerhalb der Zeilen und die in für tiefere Zeilen abnehmenden Gallow-Häufigkeiten innerhalb der Seiten zu reproduzieren. Diese Strukturen erwecken im richtigen Manuskript den starken Eindruck, dass es sich sowohl bei den Zeilen als auch bei den Seiten um Informationeinheiten handele.

Auch gelingt es Ruggs »Pseudo-Voynichianisch« nicht, die besonders auffällige Anhäufung von Glyphen wie m in den letzten Wörtern der Zeilen zu reproduzieren. Vielmehr wirken die Glyphen über die Zeile gleichmäßig verteilt, was im deutlichen Kontrast zum Text des Manuskriptes steht.

Leider hat Gordon Rugg zwar nach eigener Publikation ein Computerprogramm für seine Methode erstellt, es aber weder für nötig erachtet, mit Hilfe dieses Programmes eine ausreichend große Menge Nonsens-Text (sagen wir einmal: um dreißig Seiten herum) zu generieren und für Vergleiche zur Verfügung zu stellen, noch hielt er es für eine gute Idee, sein Programm und die verwendeten Eingabedaten öffentlich zugänglich zu machen. Angesichts der etwas kryptischen Arbeitsmethoden und der Tatsache, dass aufgrund einer eher oberflächlichen Ähnlichkeit des Ergebnisses ein weit reichender Schluss postuliert wurde, ist dieser ganze Ansatz mit einem Makel behaftet, der ebenso arg ist wie die Leistungen einiger wirrköpfiger »Entzifferer«. Und das ist schade, denn es fügt der ernsthaften Auseinandersetzung mit dem »verdammten Manuskript« anhaltend Schaden zu.

Gerade bei Menschen, die Skeptiker sind, sollte bei einer solchen wissenschaftlichen Arbeitsweise jede Alarmlampe angehen, wenn auch die »Ergebnisse« solchen Arbeitens im Scientific American publiziert wurden.

Natürlich kann der Vortrag dennoch interessant sein. Wer sich in der Zeit zwischen dem 1. und 3. Mai in Darmstadt aufhält, sollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Der GWUP wäre (wohl nicht nur) ich sehr zu Dank verpflichtet, wenn Inhalte dieses Vortrages und ergänzende Materialien – ein Kryptografie-Experte und Informatiker wird sich gewiss sehr gründlich mit dem Manuskript und einigen »Lösungen« auseinandersetzen, da bin ich mir ganz sicher – frei im Internet verfügbar gemacht würden, damit ich zusammen mit den ganzen anderen Voynichologen auch etwas davon habe.

[via Voynich News]

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Datum: Freitag, 18. April 2008 6:33
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